Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

90 Zweiter Abschnitt. (8. 20.) 
b) für den, welcher in Konkurs verfallen ist, während der Dauer des Konkurs- 
verfahrens ; 
c) für den, welchem wegen Nichterfüllung bürgerlicher Pflichten durch Beschluß der 
Gemeindevertretung das Bürgerrecht abgesprochen ist, während der im Beschluß fest- 
gesetzten Zeit. 
III. Der Inhalt dieses Bürgerrechts besteht, wie schon erwähnt, in der Be- 
rechtigung zur Teilnahme an den Gemeindewahlen und der Verpflichtung zur Übernahme 
unbesoldeter städtischer Amter. Eine solche Verpflichtung, auf welche hier kurz einzugehen 
ists, war bereits im Allgemeinen Landrecht anerkannt; in den Städteordnungen von 1808, 
1831 und der Gemeindeordnung von 1850, welche ihre Erfüllung durch Strafandrohungen 
zu erzwingen suchten, wurde sie noch weiter ausgebildet“ und ist in diesem Umfange 
dann in die hier in Betracht kommenden Städteordnungen übergegangen. Nach diesen 
sind alle Bürger verpflichtet, einzelne Aufträge in Stadtangelegenheiten auszuführen, wie 
auch die Stellen eines unbesoldeten Magistratsmitgliedes, eines Stadtverordneten, Be- 
zirksvorstehers, Kommissions= oder Deputationsmitgliedes u. s. w. zu übernehmen und 
eine bestimmte Zeit hindurch (drei, in Schleswig-Holstein sechs Jahre) zu verseben. 
Zur Ablehnung oder früheren Niederlegung derselben sind sie nur aus besonderen Ent- 
schuldigungsgründen berechtigt. 
a) anhaltende Krankheit; 
Als solche gelten #: 
b) Geschäfte, die eine häufige oder lange dauernde Abwesenheit mit sich bringen; 
c) ein Alter von mehr als (in Frankfurt von) 60 Jahren; 
d) die Verwaltung eines öffentlichen Amtes; 
e) ärztliche Praxis; 
s) die früher stattgehabte Verwaltung einer unbesoldeten Stelle, welche in Frank- 
furt drei, in Schleswig-Holstein sechs Jahre gedauert haben muß, für die nächsten 
drei, in Schleswig-Holstein für die nächsten sechs Jahre. 
Abgesehen von diesen zwingenden Entschuldigungsgründen können die über das 
Vorhandensein derselben beschließenden Faktoren einen Bürger nach billigem Ermessen 
auch noch aus anderen besonderen Umständen (Betrieb eines Geschäfts ohne Gehilfen, 
  
Wahlrecht sowie die Fähigkeit, dasselbe zu er- 
werben und Gemeindeämter zu bekleiden. 
Die rechtskräftig erfolgte Aberkennung der 
Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter hat 
den dauernden Verlust der bisher bekleideten 
Amter in der Gemeindeverwaltung sowie für 
die im Urteile bestimmte Zeit die Unfähigkeit 
zur Bekleidung solcher Amter zur Folge. 
Die Verurteilung zur Zuchthausstrafe hat 
den Verlust der Gemeindeämter und die 
dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung solcher 
Amter zur Folge.“ 
1 Die St. O. wiesb. läßt nach §. 7, Abs. 4 
beim Konkurse nur ein Ruhen des Bürger- 
rechts eintreten. Bei den übrigen St. Ordugn. 
wird dagegen ein zeitweiliger Verlust an- 
zunehmen sein. Nach ihren ursprünglichen Be- 
stimmungen verlor der in Konkurs verfallene 
Bürger das Bürgerrecht überhaupt, und die 
Befähigung zum Neuerwerb desselben mußte 
ihm von den Stadtbebörden besonders verliehen 
werden. Das preuß. Ausführungsgesetz zur 
Reichskonkursordnung v. 6. März 1879 (G. S., 
S. 109) hat hierin nur insofern eine Ab- 
änderung getroffen, als „die Beschränkungen, 
welche nach gesetzlichen Bestimmungen das Kon- 
kursverfahren für den Gemeinschuldner in der 
Ausübung eines auf das Vermögen sich nicht 
beziehenden Rechtes zur Folge hat, mit 
der Beendigung des Verfahrens hinwegfallen“ 
(§. 52). Die hier in Betracht kommende Be- 
  
  
schränkung, die nur hinsichtlich ihrer Dauer 
durch dicse Bestimmung betroffen wird, war 
aber der gänzliche Verlust und nicht nur ein 
Ruhen des Bürgerrechts; vgl. auch M. Restkr. v. 
3. Dez. 1881 (V. M. Bl. 1882, S. 30). Der- 
selben Meinung ist wohl Leidig, S. 52, und 
Marcinowski, der S. 55 den Abs. 5 des 
8. 7 jetzt so formuliert: „Verfällt ein Bürger 
in Konkurs, so verliert er dadurch das Bür- 
gerrecht auf so lange, bis das Verfahren be- 
endet ist." And. Meing. Ortel, S. 138. 
2 Vgl. den folgenden Text zu III. 
§ Leidig, S. 349 ff.; v. Möller, St., S. 20; 
Steffenhagen. §. 24; Schmitz, §. 18. 
A. L. R. II, 8, §§. 29—32; St. O. 1808, 
88. 88, 191—204; St. O. 1831, §8. 68, 128 
—132;: G. O. 1850, 8. 137. 
5 St. O. ö., wiesb., w., §S. 74; rh., §. 79; 
frkf., §s§. 17, 18; schlesw.-holst., S. 10. In 
Schleswig-Holstein gelten diese Ablehnungs- 
gründe zunächst nur bei Ubertragung einer 
Stelle im Rate oder der Stadtverordnetenver- 
sammlung. Bezüglich der übrigen Stellen in 
der städtischen Verwaltung ist es dem Orts- 
statute vorbehalten, für sie dieselben Ablebnungs- 
gründe oder andere festzusetzen und gleichzeitig 
über die Folgen der unbegründeten Ablehnung 
dieser Stellen Bestimmung zu treffen. Ist dies 
nicht geschehen, so ist die unbegründete Weige- 
rung zur lbernahme einer solchen Stelle nicht 
strafbar.
	        
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