214 Zweiter Abschnitt.
(6. 57.)
Zwischen dem Tage der Bekanntmachung und dem Lizitationstermine soll eine Frist
von sechs Wochen liegen und der Termin durch eine Magistratsperson, einen Richter
oder einen Notar abgehalten werden. Das Ergebnis der Lizitation ist stets der Stadt-
verordnetenversammlung mitzuteilen, nur mit deren Genehmigung kann der Zuschlag
erteilt werden. Ahnliche Vorschriften enthalten die betreffenden Landgemeindeordnungen.!
Zum Nachweise, daß die von den einzelnen Gemeindeordnungen vorgeschriebenen
Formen bei der Veräußerung beobachtet sind, genügt für den Grundkuchrichter die
Bestätigung des Veräußerungsvertrages durch den Bezirksausschuß (Kreisausschuß); zu
weiteren Prüfungen ist er weder berechtigt noch verpflichtet.
III. Das Kämmereivermögen (Gemeindevermögen im engeren Sinne), die Erträge
desselben und bei Veräußerungen die an Stelle der einzelnen Vermögensobjekte tretenden
Erlöse sind, soweit sie nicht unmittelbar für Verwaltungszwecke in Anspruch genommen
werden, im Interesse der Gemeinde als solcher finanziell nutzbringend zu verwenden.
Das nassauische Gemeindegesetz bestimmt noch im besonderen?, im Hinblick auf die
Wichtigkeit der Erhaltung und Vermehrung des Grundstockvermögens, daß „der Erlös
aus veräußerten Grundstücken und Gebäuden, von Waldausstockungen und außerordent-
lichen Holzfällungen sowie der Erlös für veräußerte Gerechtsame“, sofern er nicht zur
Schuldentilgung erforderlich ist, dem „Grundstockvermögen“ wieder zugeführt und „als
Kapital angelegt oder zu neuen Erwerbungen benutzt werden“ soll. Eine Verwendung
des Kämmereivermögens zu Gunsten der einzelnen Gemeindeangehörigen, besonders etwa
eine Aufteilung desselben unter diese zu Eigentum ist unzulässig. Zur bloßen un-
entgeltlichen Nutznießung läßt ausnahmsweise die nassauische Gesetzgebung eine Verteilung
von Gemeindegrundstücken an die Gemeindebürger auf Zeit zu, sofern zur Bestreitung der
Gemeindebedürfnisse keine Steuern erhoben werden, auch nicht infolgedessen erhoben werden
müssen"; und ähnlich gestatten die neuen Landgemeindeordnungen für die östlichen
Provinzen und Schleswig-Holstein eine Umwandlung des Gemeindevermögens in
Gemeindegliedervermögen, wenn die Gemeinde schuldenfrei ist, und durch eine solche
Veränderung weder die Einführung neuer Gemeindeabgaben, noch auch die Erhöhung
strates üblichen öffentlichen Blätter. Die St. O.
w. u. rh. dagegen verlangen: 1) eine öffentlich
auszuhängende Ankündigung und ortsüdbliche
Bekanntmachung, als welche in Westfalen der
Ausruf gilt, und 2) einmalige Bekanntmachung
im Amtsblatte oder in einem anderen im
Kreise erscheinenden Blatte; bei nicht mit Ge-
bäuden besetzten Grundstücken, deren Katastral-
reinertrag 6 Mark nicht übersteigt, kann jedoch
die Bekanntmachung unter 2 unterbleiben.
1 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 115, Abs. 2;
w., §. 53, Abs. 3; rh., 8. 95, Abs. 2. Es wird ver-
langt: 1) Vorlegung eines beglaubigten Auszuges
aus der Grundsteuermutterrolle (nach L. G. O.
rh. nebst Taxe); 2) ortsübliche Bekanntmachung
(nach L. G. O. w. u. rh. öffentlich auszuhängende
Ankündigung); 3) einmalige Bekanntmachung
durch das Kreisblatt (nach L. G. O. rh. auch
noch öffentlicher Ausruf); 4) Frist von vier
(L. G. O. w. u. rh. sechs) Wochen zwischen Be-
kanntmachung und Abhaltung des Verkaufs-
termins; 5) Abhaltung des Termins durch eine
Justizperson oder den Gemeindevorsteher oder in
Westfalen den Amtmann, in der Rhein-
provinz durch eine Justizperson oder den
Bürgermeister. — Wenn der Grundsteuerrein-
ertrag des zu veräußernden Grundstückes 6 Mark
nicht übersteigt, so bedarf es der Bekanntmachung
zu 3 nicht, auch soll dies nach der L. G. O.
S. u. schlesw.-holst. ein Grund sein, den frei-
händigen Verkauf zu zestatten.
2 G. G. nass., §. 53.
*s Vgl. für das Geltungsgebiet des A. L. R.:
Deklaration einiger Vorschriften des Allgemeinen
Landrechts und der Gemeinheitsteilungsordnung
v. 7. Juni 1821, betr. das nutzbare Gemeinde-
vermögen v. 26. Juli 1847 (G. S., S. 327),
§. 1; für die Rheinprovinz mit Ausschluß
der landrechtlichen Kreise Rees, Duisburg. Essen,
Mühlheim a. d. Ruhr und Ruhrort, und für
Neuvorpommern und Rügen : die G. T. O.
v. 19. Mai 1851 (G. S., S. 371), §. 3; für
Schleswig-Holstein: das Gesetz betr. Ab-
lösung der Servituten, Teilung der Gemein-
heiten u. s. w. v. 17. Aug. 1876 (G. S., S. 377)
und L. G. O. schlesw.-holst., §. 68; für Han-
nover: G. T. O. für das Fürstentum Lüne-
burg v. 25. Juni 1802 (Spangenverz,
Samml. d. Gesetze f. Hannover, Tl. IV, Abt. I,
S. 270), §. 26, G. T. O. für die Fürstentümer
Kalenberg, Göttingen u. s. w. v. 30. April 1824
(bann. G. S. 1824, Abt. I, S. 111, 329, 221)
und G. T. O. für die Herzogtümer Bremen und
Verden v. 26. Juli 1825 (hann. G. S., Abt. III,
S. 125), G. T. O. für das Fürstentum Osna-
brück v. 26. Juni 1822 (hann. G. S., Abt. I,
S. 219), III, 14; für Kurhessen: Bdg. betr.
Ablösung der Servituten ... für das vormalige
Kurfürstentum Hessen v. 13. Mai 1867 (G. S.,
S. 716), §. 5, wodurch §. 70 G. O. kurh.,
welcher eine Verteilung des Kämmereivermögens
für Kläis erklärt, abgeändert ist; für Nassau:
G. T. O. für den Reg. W-* Wiesbaden
v. 5. April e (G. S., S. 526), 8. 3; auch
G. G. nass.,
2 4 Abs. 2.