Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 81.) 291
zulänglichkeit der Beamtenbesoldungen, deren erforderliche Aufbesserung erst allmählich
erfolgen kann, nicht für zulässig, die bestehenden Kommunalsteuerprivilegien der Beamten
zu beseitigen und so ihr Einkommen noch weiter zu vermindern.!
Das Kommunalabgabengesetz läßt es daher hinsichtlich der Beamtenbesteuerung
einstweilen beim bestehenden Rechte bewenden, jedoch mit der Maßgabe, daß sie
auch in den alten Landesteilen sich hinfort nur nach der Verordnung v. 23. Sept. 1867
(G. S., S. 1648) und nicht mehr nach dem Gesetze v. 11. Juli 1822 (G. S., S. 184)
nebst seinen Deklarationen richtet.? Danach gilt zur Zeit Folgendes:
1) Privilegiert hinsichtlich der Einkommensbesteuerung sind nur die als Beamte im
Sinne der Verordnung von 1867 anzusehenden Personen, das sind „alle, in unmittel-
baren Diensten des Staates oder der demselben untergeordneten Obrigkeiten, Kollegien,
kommunalen und ständischen Korporationen stehende, mit fester Besoldung angestellte,
beziehentlich in den Ruhestand getretene öffentliche Beamte, einschließlich der Militär-
und Hofbeamten“. Dieselben Vorrechte wie die Landesbeamten genießen nach §. 19 des
Reichsbeamtengesetzes v. 31. März 1873 (R. G. Bl., S. 61) die Reichsbeamten.“
Den Beamten stehen gleich die nicht servisberechtigten Militärpersonen des aktiven
Dienststandes, die Mitglieder der Gendarmerie", die verabschiedeten Offiziere und die
1 Mot. z. K. A. G., S. 58.
: K. A. G., §S. 41.
* Mot. z. K. A. G., S. 59. Dagegen stehen
die Steuervorrechte der preuß. Beamten den
Beamten anderer Bundesstaaten in Preußen
nicht zu. O. V. G. Entsch. v. 19. Dez. 1893
im Pr. V. Bl., XV. S. 602.
Nach den Entscheidungen des O. V. G. ge-
bören zu den privilegierten Beamtenkategorien:
Geschäftsführer der öffentlichen Provinzialfeuer-
sozietäten (Al. S. 71); Staatseisenbahnbeamte,
auch die bei Staatseisenbahnbauten beschäftigten
Hilfsarbeiter, sofern sie dauernd gegen fixierte
Diäten beschäftigt und die Beamteneigenschaft
durch irgend einen besonderen Akt verlieben er-
halten haben (XIII, S. 135 u. 139); ähnlich Feld-
messer (Entsch, des O. V. G. im Pr. V. Bl., VII,
S. 57); Postgehilfen (XVI, S. 136, u. XIX,
S. 55); Minister des königl. Hauses, Angestellte
der königl. und königl. prinzlichen Hofämter
(Entsch. des O. V. G. im Pr. V. Bl., XIII,
S. 372, u. XIV, S. 15); gegen feste monat-
liche Remuneration in der Staatsbau= oder
Eisenbahnverwaltung vorübergehend beschäftigte
königl. Reg.-Baumeister (XIII, S. 122; XVII,
S. 259); Beamte der kaufmännischen Korpora-
tionen und Handelskammern (XVI. S. 154, u.
XIX, S. 62); Gerichtsvollzieher (XVIII, S. 105);
obere Werksbeamte, wie Obersteiger u. s. w., auf
fiskalischen. * (XX, S. 126; vgl. auch
Entsch. im Pr. B. Bl., XIII, S. 421); Mitglieder
und Beamte der kirchenregimentlichen Behörden,
des Oberkirchenrats und der Konsistorien (XXII,
S. 36; ein, wie mir scheint, recht bedenkliches
und wenig logisches Erkenntnis, indem es den
preuß. Kirchenregimentsbehörden mit Recht den
Charakter von Staatsbehörden abspricht, die
Glieder derselben aber für Staatsbeamte erklärt);
die „zur Bestreitung der regelmäßig vorkommen-
den Kanzleiarbeiten"“ und „mit Aussicht auf
dauernde Beschäftigung“ angenommenen Kanzlei-
gehilfen der Gerichte (XXII. S. 53).
Nicht dagegen sind privilegiert: Beamte der
Privateisenbahnen (II, S. 175); besoldete stell-
vertretende Gutsvorsteher (VI, S. 119); Amts-
sekretäre, die vom Amtsvorsteher auf Grund
eines Privatvertrages angestellt sind und von
ihm bezahlt werden (VI, S. 119); die Superinten-
denten der evangelischen Kirchengemeinden (XX,
S. 451); die Kultusbeamten der jüdischen Sy-
nagogengemeinden (Entsch. des O. V. G. v. 7. Mai
1889,. II. 442, bei v. Brauchitsch, III [Berlin
1894), S. 564); die Rendanten der evangelischen
und katholischen Kirchengemeinden, im Gegensatz
zu den Rendanten der evangelischen und katho-
lischen Schulsozietäten, welche mittelbare Staats-
beamte sind (Pr. V. Bl., XV. S. 575, unter IV);
die vom Vorstand einer Invaliditäts= und Alters-
versicherungsanstalt bei derselben angestellten Be-
amten (XXIV, S. 70; die vom Provinzialver=
band angestellten und einer solchen Anstalt über-
wiesenen Provinzialbeamten sind natürlich be-
freit); die Beamten der Verufsgenessenschften
des Unfallversicherungsgesetzes (XX, S. 38); die
Beamten der Ortskrankenkassen (Entsch, des O.
V. G. v. 16. Okt. 1891, II. 1037, bei v. Brau-
chitsch, III, S. 564); das Personal eines städti-
schen wirtschaftlichen Unternehmens (Gasanstalt
u. s. w.), wenn die Anstellung auf einem Privat-
vertrage beruht und ein wirkliches Beamten-
verhältnis nicht begründet ist (XXII, S. 67);
die Impfärzte als soche und solange ihnen die
Beamtenqualität in dieser ihrer Eigenschaft nicht
besonders beigelegt ist; demgemäß finden auf
das Einkommen eines Kreisphysikus aus den
Impfungen die Vorschriften der Vdg. von 1867
nicht Anwendung (XXVI, S. 131).
4 Das O. V. G. hat in früberen Entschei-
dungen wiederholt den Mitgliedern der Gen-
darmerie das Privilegium gänzlicher Befreiung
von den Kommunalsteuern, wie es nach 8. 1
der Bdg. v. 23. Sept. 1867 den servisberech-
tigten Militärpersonen des aktiven Dienststandes
zusteht, abgesprochen — vgl. die drei Entschei-
dungen v. 28. Sept. 1888, 1. März 1889 und
5. April 1892 (XVII, S. 197, u. XXII, S. 60).
Dabei ist es davon ausgegangen, daß das Ges.
v. 11. Juli 1822, §. 10, e — angenommen es
kam überhaupt noch in Betracht — auf die
Mitglieder der Gendarmerie keine Anwendung
finden könne, weil dieselben nicht zu den beim
stehenden Heere in Reih und Glied befindlichen
19*