Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 88.) 317 
in den alten Provinzen bei der Verkündigung der Gemeindeordnung v. 11. März 
1850, in den neuen aber bei Verkündigung der Verordnung v. 23. Sept. 1867 rechts- 
gültig zustand; 
2) alle Beamten in dem oben 8. 81 angegebenen Sinne; 
3) endlich dürfen auch „die vorschriftsmäßig zu haltenden Postpferde und Postillone 
.tzu Spanndiensten nicht herangezogen werden“. ? 
8. 88. 
f) Die Rechtsmittel.? 
I. Das allgemeine Rechtsmittel gegen die Heranziehung zu Gemeindeabgaben ist 
der Einspruch. Jeder, der glaubt zu einer von ihm verlangten Leistung, zu Gebühren, 
Beiträgen, Steuern und Naturaldiensten“ überhaupt nicht, nicht in der geforderten Höhe 
oder nicht zu der ihm vorgeschriebenen Zeit s verpflichtet zu sein, kann vdieses Rechts- 
mittel binnen einer Frist von vier Wochen bei dem Gemeindevorstande einlegen. Der 
Lauf dieser Frist beginnt: 
1) soweit die Bekanntmachung der Heranziehung durch Auslegung von Hebelisten 
erfolgt, mit dem ersten Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist; 
2) soweit eine besondere Mitteilung vorgeschrieben? ist, mit dem ersten Tage nach 
erfolgter Mitteilung; 
3) in allen übrigen Fällens mit dem ersten Tage nach der Aufforderung zur 
Zahlung bezw. Leistung. 
Eine besondere Form ist für den Einspruch nicht vorgeschrieben, er kann also 
mit Einwilligung? des Gemeindevorstandes auch mündlich angebracht werden. Bei 
Steuern wird er sich gewöhnlich gegen die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Veranlagung 
richten, jedoch ist die Anfechtung dieser nicht das einzig mögliche Ziel des Ein- 
spruchs. Auch Anträge, welche, ohne Bemängelung der Veranlagung, eingetretener Ver- 
änderungen wegen eine Herabsetzung der Steuer im Laufe des Steuerjahres bezwecken, 
oder bei bestehendem Zuschlagsystem eine einer eingetretenen Herabsetzung der Staats- 
  
1 K. A. G., §. 68, Absf. 6. 
: Reichspostgesetz v. 28. Okt. 1871 (R. G. Bl., 
S. 347), §. 22. 
2 Leidig, S. 320; Steffenhagen, E. 127. 
4 Nur auf die im Kommunalabgabengesetz, 
Tit. II—IV, behandelten Abgaben, also auf Ver- 
waltungs-Benutzungsgebühren, Beiträge, ein- 
schließlich der Straßenbaubeiträge nach dem Ges. 
v. 2. Juli 1875 (Komm. Ber. des A. H., S. 36), 
auf direkte wie indirekte Steuern und Hand- 
und Spanndienste findet das oben geschilderte 
Einspruchs= mit folgendem Klageverfahren An- 
wendung. Nicht unterliegen diesem Rechtsmittel- 
verfahren die vom K. A. G. gar nicht berührten 
Abgaben, wie Bürgerrechtsgelder, Einkaufsgelder 
und gleichartige Abgaben (K. A. G., §. 96, Abs. 7) 
und ebensowenig die oft als Gemeindelasten 
bezeichneten Vorspannleistungen nach Maßgabe 
des R. Ges. über die Naturalleistungen für die 
bewaffnete Macht im Frieden v. 13. Febr. 1875 
(R. G. Bl., S. 52), die Heranziehung zur Quar- 
tierleistung für die bewaffnete Macht während 
des Friedenszustandes nach Maßgabe des R. Ges. 
v. 25. Juni 1868 (B. G. Bl., S. 523; O. V. 
G., IV, S. 135, und V, S. 108) und die 
Wanderlagersteuer nach Maßgabe des Ges. v. 
27. Febr. 1880 (G. S., S. 174; O. V. G., 
XIV, S. 166). 
  
5 O. V. G., V, S. 87. 
6 Erfolgt die Bekanntmachung der Veran- 
lagung überhaupt durch Auslegung von Hebe- 
listen, so richtet sich der Beginn der Einspruchs. 
frist lediglich nach der Auslegung dieser; ob der 
Gemeindevorstand außerdem noch den Einzel- 
nen von ihrer Veranlagung besondere Mitteilung 
macht, ist für den Lauf der Einspruchsfrist gleich- 
gültig. Etwas anderes ist es, wenn die Ge- 
meinde gemäß §. 65, Abs. 4 des K. A. G. be- 
schlossen hat, die besondere Mitteilung „an 
Stelle der Bekanntmachung durch Auslegung“ 
treten zu lassen, dann richtet sich der Lauf der 
Einspruchsfrist nach Z. 2 des Textes. Vgl. 
Nölb S. 220, Anm. 16, und O. V. G., xxvii, 
. 42. 
Nicht, soweit sie nur thatsächlich stattfindet. 
Vgl. die vorige Anm. 
s Dahin gehört die Erhebung von Gebühren 
und Beiträgen, die Heranziehung zu Natural- 
diensten und der Fall der ortsüblichen Bekannt- 
machung der zur Hebung gelangenden Prozent- 
säge ber Zuschlagssteuern. §. 65, Abs. 1 des 
Eine Pflicht des Gemeindevorstandes zur 
Entgegennahme mündlicher Reklamationen ist 
nicht anerkannt. O. V. G., VII, S. 147.
	        
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