Proviuzialgemeinden; das geltende Recht. (8. 137.) 455
Die Kommissionen oder Kommissare empfangen von dem Ausschusse ihre Geschäfts-
anweisung. Sie führen ihre Geschäfte unter Aufsicht des Ausschusses und in Hohen-
zollern unter direkter Leitung des Vorsitzenden des Landtages in seiner Eigenschaft als
Landesdirektor; im übrigen ist eine Mitwirkung des Landesdirektors nicht vorgeschrieben,
die Zulässigkeit einer solchen ergiebt sich aber aus seiner ganzen Stellung von selbst und
wird eventuell durch die Geschäftsanweisungen zu regeln sein. Der Oberpräsident kann
an den Beratungen der Kommissionen selbst oder durch einen zu seiner Vertretung ab-
zuordnenden Staatsbeamten teilnehmen! und gesetz= oder kompetenzwidrige Beschlüsse der-
selben, ebenso wie Beschlüsse des Landtages selbst beanstanden.?
§. 137.
D. Die Provinzial-(Bezirks-) Beamten.“
à) Der Landesdirektor (Landeshauptmann), das Landesdirektorium in Hannover
und die oberen Beamten.“
1. 1) Zur Wahrnehmung der laufenden Geschäfte der kommunalen Provinzial-
(Bezirks-, Verwaltung wird außer in Hannover für jede Provinz, in Hessen-Nassau
auch für jeden Bezirks ein Landesdirektor (Landeshauptmann)“ bestellt, welcher
von dem Landtage nach seinem Ermessen? auf mindestens sechs bis höchstens zwölf Jahre
zu wählen ist und der Bestätigung des Königs bedarf. Wird die Bestätigung versagt, so
hat der Landtag eine neue Wahl vorzunehmen; wird diese verweigert, oder der Nicht-
bestätigte wiedergewählt, oder endlich der Neugewählte wieder nicht bestätigt, so kann der
Minister des Innern die Stelle, bis eine neue Wahl, welche jederzeit vorgenommen
werden kann, die Bestätigung erlangt hat, auf Kosten des Verbandes kommissarisch
verwalten lassen. Der Provinzial-(Landes-) Ausschuß ist jedoch berechtigt, zur übernahme
der kommissarischen Verwaltung geeignete Personen in Vorschlag zu bringen. — Der
gewählte und bestätigte Landesdirektor wird vom Oberpräsidenten in sein Amt eingeführt
und vereidigt und erhält eine vom Provinziallandtage festzusetzende Besoldung.
Für den Fall einer Behinderung des Landesdirektors sowie im Falle der Erledigung
der Stelle desselben bestellt der Ausschuß einen Stellvertreter bis zur Aufnahme der
1 Stenogr. Ber. des A. H. 1875, S. 1211;
Prov. O., §. 99; bess.-nass., §. 72; für Posen
Vdg. v. 5. Nov. 1889, §. 33 (daselbst ist Abs. 3
eine besondere Zusammensetzung für die Kom-
mission zur Verwaltung der posenschen Provin-
zialhilfskasse vorgeschrieben). A. u. L. O. hohenz.,
8. 78. Betreffs der Entschädigung, welche die
Kommissionsmitglieder erhalten, vgl. Prov. O.,
8. 100; hess.-nass., §. 73; für Posen Vdg. v.
5. Nov. 1889, §. 34, u. oben S. 441, Anm. 7.
: Prov. O., §§. 117 u. 118; hess.-nass., 8§. 90
u. 91; für Posen Vdg. v. 5. Nov. 1889, §§. 39
u. 40; A. u. L. O. hohenz., §§. 79 u. 83.
2 v. Stengel, Organisation, S. 308 ff.;
Bornhack, St. R., II, S. 346 ff.; Grotefend,
S. 706 ff., §. 291.
Die im Folgenden besprochenen Vorschriften
über die Bestellung des Landesdirektors und
die ihm zugeordneten oberen Beamten finden
naturgemäß für Hohenzollern, wo der
Vorsitzende des Kommunallandtages gleichzeitig
Landesdirektor ist (oben S. 451 unter II) keine
Anwendung. Wohl aber treffen die obigen, auf
den Geschäftskreis des Landesdirektors be-
glichen Ausführungen auch auf den hohen-
zollernschen Landtagsvorsitzenden zu, und zwar
mit der Maßgabe, daß dieser berechtigt ist,
einem Mitgliede des Ausschusses die selbstän-
dige Bearbeitung einzelner Angelegenheiten zu
übertragen. A. u. L. O. hohenz., §. 74.
* Vgl. oben S. 439.
* Den Titel „Landeshauptmann“, welcher
durch königl. Verordnung verliehen wird, fübren
die Landesdirektoren in Ostpreußen (Statut v.
21. April . . .-
W 1889,betv.Btauchttsch,ll,S.24t),
Schlesien (Allerh. Erl. v. 1. Nov. 1869 und
. 5 des demselben nachfolgenden Regulativs
[G. S., S. 11431), Westfalen (Allerh. Erl. v.
24. April 1889 (V. M. Bl., S. 70)), Posen
(Allerh. Erl. v. 10. Dez. 1889 (V. M. Bl.,
14. März
S. 217)), Sachsen (Statut v. Aeriil 1892,
bei v. Brauchitsch, II, S. 262) und Pom-
mern (Allerh. Erl. v. 6. April 1895 [V. M. Bl.,
S. 90|). Den Landesdirektoren und Landes-
hauptleuten ist der Rang der Räte III. Klasse
beigelegt.
In Posen wird der Landesdireltor nach
Art. V, A, 2 des Ges. v. 19. Mai 1889 nicht
vom Landtage, sondern vom Prov. A. gewählt,
und zwar nach §8. 21 der Vdg. v. 5. Nov. 1889
stets auf zwölf Jahre.