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von denen die Franzosen das schöne Elsaß mit Ausnahme von Straßburg hin-
nahmen. Schweden erhielt die Insel Rügen und Vorpommern mit der Hauptstadt
Stettin und die Bistümer Bremen und Verden. Es hatte also nicht nur die Herr-
schaft auf der Ostsee erlangt, sondern auch an der Nordsee festen Fuß gefaßt. Der
Kurfürst von Brandenburg bekam Hinterpommern und als Entschädigung für
Vorpommern die Bistümer Kammin, Halberstadt und Minden, sowie das Erzstift
Magdeburg. Sachsen erhielt den Besitz der Lausitzen bestätigt. Die Schweiz
und die Niederlande wurden vom Deutschen Reiche unabhängig. Nun gehörten
die Mündungen des Rheins, der Weser, der Oder und der Weichsel fremden Mächten.
— Der Augsburger Religionsfriede wurde bestätigt und auch auf die Reformierten
ausgedehnt. (Danklied für den Frieden, von P. Gerhardt.)
17. Die Folgen des Krieges. a) Das verwüstete Land. Durch den langen
Krieg war Deutschland fast zur Einöde geworden. Tausende von Ortschaften lagen
in Schutt und Asche, und ihre Bewohner irrten heimatlos umher. Wo früher Wiesen
und Felder gewesen waren, sah man jetzt Buschwerk und Heideland. Wie sollte
man wieder fruchtbares Ackerland schaffen? In manchen Dörfern gab es weder
Pflug noch Wagen. Es fehlte an Saatkorn, Zugvieh und Händen. Zwei Drittel
der Bewohner waren durch das Schwert oder durch Hunger und Pest dahingerafft
worden. „Man wandert wohl 10 Meilen weit und sieht nicht einen Menschen. In
allen Dörfern sind die Häuser voller Leichname und Aser gelegen, weil niemand
gewesen, der sie begraben hat.“ Dagegen hatte das Wild und besonders das Raub-
zeug in unheimlicher Weise zugenommen. Johann Georg I. von Sachsen und sein
Nachfolger erlegten in ihrem Lande allein gegen 300 Bären und 3000 Wölfe.
b) Schädigung des Handels. Der Handel war während des Krieges
an England, die Niederlande und Frankreich übergegangen. Der Ruhm der Hansa
war dahin. Die See gehörte den Fremden. Auf die unsicheren Landstraßen durfte
sich der Kaufmann nicht mit seinen Gütern wagen, und der verarmte Bewohner
konnte nicht kaufen. So war auch im Innern der Verkehr erstorben. Zur Leip-
ziger Messe erschienen 1641 weder Verkäufer noch Käufer, obwohl die Schweden
den Kaufleuten sicheres Geleit zugesagt hatten. Handwerker gab es kaum noch.
c) Verfall der Sitten. Roheit und Sittenlosigkeit hatten überhand
genommen. Das Morden war zum Handwerk geworden. In den Wäldern hausten
Räuber und fielen über die Reisenden her oder brachen in die Dörfer ein. Aus
dem Lagerleben kam ein wüster Aberglaube über das Volk. Allerhand Zauber-
künste versteht der Soldat. Er kann sich fest, d. h. unverwundbar machen, nie
fehlende Kugeln um Mitternacht unter dem Galgen gießen, mit Hilfe des Teufels
vergrabene Schätze finden, Tag und Stunde seines Todes bestimmen und vieles
andere. Durch das Bündnis mit dem Teufel sollten Hexen bösen Zauber verüben,
Menschen und Tiere krank machen oder Ungewitter, Hagel und Unfruchtbarkeit des
Feldes herbeiführen können. Die Hexenprozesse, die schon im 15. Jahrhundert
aufgekommen waren, wurden jetzt mit neuem Eifer betrieben. Mit unglaublicher
Grausamkeit wurden Kinder und Greise, Gelehrte und Ratsherren, besonders aber
Frauen gefoltert und dann verbrannt. Über 100000 Menschen sind diesem Schicksal
verfallen. Erst im Zeitalter Friedrichs des Großen endete dieser wahnsinnige Greuel.
4) Verwelschung Deutschlands. Durch den langen Krieg wurde der
gerade, biedere Sinn des deutschen Volkes gebrochen. Sein stolzes Selbstbewußt-