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slawischen Stadt Lübeck gebaut, die erste Stadt an der Ostsee. Durch den Handel,
den sie im Bunde mit dem Deutschen Nitterorden trieb, erblühte sie zur mächtigsten
Stadt im Norden. Bald folgten dort Rostock, Greifswald, Stettin, Kol-
berg, Danzig. In Schlesien entstanden Breslau, Liegnitz, Glogau, in
Sachsen Freiberg, Leipzig, Dresden, in Böhmen Pilsen u. a. In Polen
sind überhaupt erst durch die Deutschen Städte gegründet. Die deutsche Besiedelung
des Ostens erreichte ihren Höhepunkt in der „kaiserlosen, schrecklichen Zeit“.
5. Erfolg. Brandenburg, Mecklenburg, Schlesien, die Lausitz, Pommern,
Preußen und die ganze Ostseeküste wurden dem Deutschtum zurückgewonnen. Selbst
in Böhmen, Mähren, Ungarn und Steiermark wohnten Tausende von Deutschen.
— So haben alle Stände an diesem größten Werke des deutschen Volkes im Mittel-
alter gearbeitet, von dem später die Schöpfung des preußischen Staates und damit
des neuen Deutschen Reiches ausgehen konnte.
VII. Zeit der beginnenden Huflösung des Reiches.
1. Rudolf von Babsburg. 1273—1291.
1. Faustrecht. Von 1254—1273 hatte das Deutsche Reich keinen Kaiser. Da
gab's weder Gesetz noch Recht im Lande; der Starke fiel über den Schwachen her
und nahm ihm Hab und Gut, ja wohl gar das Leben. Es war niemand da, der den
übeltäter strafte und den Schwachen beschützte; ein jeder war auf sich selbst an-
gewiesen. Das war die schlimme Zeit des Faustrechts. Besonders übel hausten
damals die Raubritter.
2. Rudolfs Wahl. Um den traurigen Zuständen des Reiches ein Ende zu
machen, beschlossen die Kurfürsten mit Ausnahme Ottokars von Böhmen, den Grafen
Rudolf von Habsburg (im argau in der Schweiz) zum König zu wählen. An
Land und Leuten war er nicht so reich wie die deutschen Herzöge, aber seine Tapfer-
keit und Frömmigkeit waren allgemein bekannt und lenkten die Wahl auf ihn. Für
ihn wirkte namentlich Friedrich von Zollern, Burggraf von Nürnberg. Seine Krönung
zu Aachen wurde mit großem Jubel gefeiert. (Gedicht: Der Graf von Habsburg.)
Als Rudolf nach der Krönung die Fürsten belehnen wollte, war das Zepter
nicht zur Hand. Schnell ergriff er das Kruzifix und sprach: „Dies Zeichen, durch
das die Welt erlöst ist, mag uns wohl als Zepter dienen!“ Dann berührte er damit
die Fürsten. Um auch die Zustimmung des Papstes zu erlangen, mußte Rudolf
auf alle kaiserlichen Hoheitsrechte und Besitzungen in Italien verzichten.
Dieser Verzicht wurde ihm jedoch nicht schwer; denn es war ihm längst klar geworden,
daß die italienischen Besitzungen dem deutschen Reiche viel Unheil gebracht hatten.
Italien erschien ihm wie die Höhle des Löwen, von der der Fuchs sagte: „Ich sehe
wohl die Fußtapfen derer, die glücklich hineinkamen, aber nicht derer, die glücklich
herauskamen.“
3. Kampf mit Ottokar. Der Böhmenkönig Ottokar war der mächtigste Fürst
seiner Zeit. Unter ihm waren zahlreiche deutsche Ansiedler nach Böhmen gekommen
und viele deutsche Städte entstanden. Handel und Bergbau erhielten einen mäch-
tigen Aufschwung. Friede und Wohlstand herrschten im Lande. In der kaiser-
losen Zeit hatte er sich noch Mähren, Österreich, Kärnten, Krain und
Steiermark angeeignet. Jetzt wäre er selbst gern deutscher König geworden.