Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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Herren gerieten selbst in Not und verlangten mehr Abgaben und Fronden. Auch 
die Kirche steigerte ihre Forderungen. Der Bauer mußte Schulden machen und 
geriet in die Hände von Wucherern, die ihn um Hab und Gut brachten. Die Aus- 
beutung verstanden auch viele Ritter. Sie erhöhten die Abgaben, bis die Bauern 
eine so große Schuldenlast hatten, daß sie froh waren, wenn ihnen der Gutsherr den 
Hof abkaufte und sie als Leibeigene in seinen Dienst nahm. Damals war der 
Bauer ein recht armer Mann. Kaum hatte er Zeit, sein kleines Feld zu be- 
stellen; denn er mußte zwei bis vier Tage in der Woche mit seinem Gespann für 
den Herrn arbeiten. Veranstaltete der Gutsherr eine Jagd, so war der Bauer ver- 
pflichtet, Treiberdienste zu tun, stellenweise auch noch, das erlegte Wild meilenweit 
wegzufahren. Dazu kam, daß ihm seine Ernte oft von dem zahllosen Wilde fast 
ganz vernichtet wurde. Wehe ihm, wenn er sich's einfallen ließ, ein Stück Wild zu 
fangen! Einen Hasen zu erschlagen, kostete schon 100 Taler Strafe. Der Erzbischof 
von Salzburg ließ einen Wildfrevler in die frische Hirschhaut nähen und von Hunden 
zerreißen. Die schlimmsten Feinde des Bauern waren die fremden Ritter. Wenn 
diese mit einem Herrn in Fehbde lagen, so überfielen sie meist dessen Bauern, trieben 
ihnen das Vieh von der Weide und steckten ihnen Haus und Hof in Brand. So 
kamen die Bauern nicht aus ihrem Elend heraus. 
4. Bauernkriege. S. 73. 
2. Stäckte im Wittelalter. 
1. Entstehung. Im 10. Jahrhundert gab es in Deutschland noch fast gar keine 
Städte. Die von den Römern am Rhein und an der Donau errichteten Befestigungen 
waren zur Zeit der Völkerwanderung vernichtet, dann notdürftig wieder aufgebaut 
und in den Normannen= und Ungarnkämpfen zum Teil wieder zerstört und ver- 
fallen. Wir finden überall bäuerliche Verhältnisse. Das Bedürfnis, sich 
gegen Feinde zu schützen, trieb zur Anlage von befestigten Plätzen. Um die Königs- 
pfalzen, Bischofssitze, bei einem Kloster siedelten sich Hörige im Dienste ihrer Herren 
an. Dazu kamen auch Freie: Bauern und Handwerker. Die ganze Ansiedlung 
wurde mit Mauer und Graben umgeben. Man nannte sie Burg und ihre Bewohner 
Bürger. Solche befestigten Plätze waren aber noch keine Städte mit eigener Obrig- 
keit und eigenem Recht. Die städtische Entwicklung hat erst der Handel bewirkt. 
Kaufleute, die ihre bewegliche Habe am leichtesten durch die Feinde verlieren konnten, 
suchten in den Burgen Schutz. Die Märkte wurden dorthin verlegt. Dadurch 
kamen sowohl Leute als auch Reichtümer herzu. Der König verlieh solchen Orten 
das Marktrecht, d. h. seinen besonderen königlichen Schutz. Zur Zeit des Marktes 
wurde eine Stange errichtet mit Schwert, Handschuh, Hut, Kreuz oder Fahne. 
Daraus entstanden später die Rolandsäulen, die in vielen Städten den Marktplatz 
zierten. Nun genoß der Ort selbst und auch der zugereiste Kaufmann den Königs- 
frieden. Ein Burggraf oder Schultheiß stand im Namen des Königs dem Markt- 
gericht vor und richtete mit den Schöffen in allen Marktsachen. Später übte der 
Rat der Stadt die Gerichtsbarkeit aus. Nach und nach bekamen die Städte immer 
mehr Rechte, so daß sie auch über Leben und Tod ihrer Bürger richten konnten. 
Auf dem Marktplatz oder vor dem Tore stand der Galgen als Wahrzeichen solcher 
Macht. Alle Bürger waren dann nur diesem einen Gericht verantwortlich. Außer 
dem Gerichtswesen bekamen die Städte dann auch das Heer= und Steuerwesen
	        
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