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von Dänemark den Krieg und eroberte mit ihrer Flotte Kopenhagen. In Lübeck
war der Bundestag. Hatte eine Stadt ihre Pflicht nicht erfüllt, so wurde sie „ge-
hanset“, d. h. aus dem Bunde gestoßen. 300 Jahre lang war die Hansa in voller
# Blüte. Im 15.
· Jahrhundert aber
zerfiel sie allmäh-
lich. Durch die
Zunftkämpfe in
den Hansastädten
geschwächt, konn-
te der Bund den
nordischen Staa-
ten nicht wider-
stehen. Dazukam,
daß nach der Ent-
deckung Amerikas
der Welthandel
mehr an die west-
lichen Länder
überging. Eine Stadt nach der anderen fiel vom Bunde ab, so daß schließlich nur
Hamburg, Lübeck und Bremen übrig blieben.
6. Zunftwesen. Um sich gegenseitig Schutz und Hilfe zu leisten, traten, nament-
lich im 13. Jahrhundert, die Handwerker zu besonderen Innungen (d. h. Einigungen),
Gilden oder Zünften zusammen. Die einzelnen Zünfte unterschieden sich äußer-
lich durch Fahnen, Abzeichen und besondere Bräuche. An der Spitze jeder Zunft
stand der Zunftmeister (Innungs-, Gilde= oder Altmeister). Er genoß ein hohes
Ansehen und hatte oft Sitz und Stimme im Rate. Die Innungsgenossen hielten
meist brüderlich zusammen. Sie wohnten gern in derselben Gasse, verkehrten in
derselben Herberge, hatten gemeinschaftliche Feste, einen gemeinschaftlichen Trink-
becher und eine gemeinschaftliche Totenbahre. Wer ein Handwerk erlernen wollte,
mußte drei bis vier Jahre zu einem Meister in die Lehre gehen. Fiel nach beendeter
Lehrzeit sein Gesellenstück zur Zufriedenheit des Meisters aus, so erhielt er den
Lehrbrief und ging dann gewöhnlich auf Wanderschaft, um sich bei anderen Meistern
weiter auszubilden und Land und Leute kennen zu lernen. Ohne Zustimmung der
Zunft konnte kein Geselle Meister werden. Er mußte das Bürgerrecht in der Stadt
besitzen und sein Meisterstück tadellos gemacht haben. Um das Handwerk vor
Ülberfüllung zu schützen, hatten die Zünfte festgesetzt, daß jeder Meister nur einen,
ein jüngerer Meister gar keinen Lehrling halten durfte. Streng hielt die Zunft
auf Zucht und Sitte und wachte darüber, daß nur gute Ware und sorgfältige Arbeit
geliefert wurde. Der Handwerkerstand war darum sehr geachtet.
7. Meistergesang. Als der Minnegesang verklungen war, pflegten die ehr-
samen Handwerker Dichtkunst und Gesang. Wenn der Meister abends seine Arbeit
beiseite gelegt hatte, dann übte er sich im stillen Kämmerlein in der Nachahmung
und im Erfinden künstlicher Gesänge. Meist waren es biblische Geschichten, die er
in Reime brachte. Am Sonntage kamen die Meister auf dem Rathause oder in der
Kirche zusammen und trugen ihre Lieder vor, denen zahlreiche Zuhörer andächtig
Burgtor in Lübeck.