Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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Namen angefangen, so ist es bald gefallen; ist es aber in seinem Namen angefangen, 
so lasset denselben walten.“ Der Papst war entrüstet und verlangte Luthers Aus- 
lieferung; aber der fromme Kurfürst Friedrich der Weise schützte ihn. Da- 
gegen mußte sich Luther 1518 in Augsburg vor dem Kardinal Kajetan verant- 
worten; aber diese Unterredung war ohne Erfolg. Darauf suchte ihn der Papst 
durch den Kammerherrn von Miltitz, einen sächsischen Edelmann in päpstlichen 
Diensten, durch freundliches Zureden zum Schweigen zu bringen (Unterredung in 
Altenburg). Luther versprach zu schweigen, wenn auch seine Gegner schwiegen. Als 
aber bald darauf Dr. Eck öffentlich den Ablaß zu verteidigen suchte, hielt sich Luther 
nicht mehr an sein Versprechen gebunden. Er hatte in Leipzig mit Eck eine mehr- 
tägige öffentliche Unterredung. Im heftigen Wortstreit sprach Luther seine Über- 
zeugung zum erstenmal aus, daß die Kirchenversammlungen irren könnten und 
daß ein göttliches Recht des Papstes nicht in der Schrift begründet sei. Der 
erzürnte Eck eilte nach Rom und bewirkte, daß der Papst über Luther den 
Bann aussprach und ihn dadurch aus der Kirche stieß. Luther aber verbrannte 
die Bannbulle öffentlich 1520 vor dem Elstertore zu Wittenberg und sagte sich 1520 
damit für immer von dem Papste los. 
8. Reise nach Worms. Im Jahre 1521 berief Kaiser Karl V. einen allgemeinen 1521 
Reichstag nach Worms. Hierher wurde auch Luther beschieden. Er versprach 
zu kommen, wenn ihm sicheres Geleit zugesagt würde. Das geschah. Aber seine 
Freunde zitterten dennoch für ihn. Als sie ihn an das Schicksal Hussens erinnerten, 
sprach er: „Und ob sie ein Feuer anzündeten, das zwischen Wittenberg und Worms 
bis zum Himmel reichte, so wollte ich doch mitten hindurch gehen.“ Am 4. April 
1521 fuhr er, von drei Freunden begleitet, in einem kleinen bedeckten Rollwägelchen 
ab, das ihm der Rat der Stadt Wittenberg zur Verfügung gestellt hatte. Voran 
ritt ein kaiserlicher Herold. In der Nähe von Worms bat ihn ein Freund nochmals 
zu fliehen. Luther aber sprach: „Wenn so viel Teufel in Worms wären als Ziegel 
auf den Dächern, ich wollte doch hinein.“ An allen Orten war sein Wagen von 
einer großen Menschenmenge umringt, und etliche hundert Reiter begleiteten ihn. 
bis Worms. Sobald aber der Wächter auf dem Turme des Domes seine Ankunft 
durch Trompetenstoß ankündigte, sammelten sich wohl an 2000 Menschen um seinen 
Wagen. 
9. Der Reichstag zu Worms. Am folgenden Tage wurde Luther zur Reichs- 
bersammlung beschieden. 
Der Reichstag fand im Bischofspalaste statt. Dorthin ging Luther um vier Uhr nach- 
mittags. Das Gedränge des Volkes auf den Straßen war so groß, daß viele auf die Dächer 
stiegen, um Luther zu sehen. Luther wurde zuerst in einen großen Saal geführt, wo er zwei 
Stunden warten mußte. An der Tür stand der Kriegshauptmann Georg von Frundsberg. 
Der klopfte ihm auf die Schulter und sprach: „Mönchlein, Mönchlein, du gehst jetzt einen 
schweren Gang, dergleichen ich und mancher Oberster auch in der allerernstesten Schlacht nicht 
getan haben. Bist du aber rechter Meinung und deiner Sache gewiß, so fahre in Gottes Namen 
fort und sei nur getrost, Gott wird dich nicht verlassen.“ 
Um Uhr führte man Luther in den Reichstag. Unter einem purpurnen Thron- 
himmel saß der Kaiser, umgeben von vielen Kurfürsten, Herzögen, Bischöfen, Grafen 
und Rittern. Auf einer Bank lagen sämtliche Schriften Luthers aufgeschlagen. 
Man fragte ihn, ob er diese Bücher geschrieben habe. Luther bejahte es. Dann 
fragte man ihn weiter, ob er seine Lehren und Schriften widerrufen wollte. Da
	        
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