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Widerstand zu leisten; bald aber weichen sie zurück, und die Feinde dringen von allen
Seiten in die Stadt. Nun begann die Plünderung.
Wie Tiger stürzten die entmenschten Unholde in die Häuser und suchten nach Beute.
Alles, was ihnen in den Weg kam, wurde niedergemetzelt. In einer Kirche hieben die Kroaten
53 Personen (meist Frauen) die Köpfe ab. Einem Greise wurde der Mund mit Pulver ge-
füllt und ihm dann das Haupt gesprengt. Säuglinge durchstach man mit langen Spießen
und warf sie in die Flammen. Alle Gassen waren mit Leichen bedeckt. Herzzerreißendes
Geschrei, Winseln und Röcheln erfüllte die Luft.
Bald entstand an mehreren Stellen Feuer, und am Abend lag die ganze herr-
liche Stadt bis auf die Domkirche und einige Fischerhütten in Asche. Etwa 1000
Unglückliche hatten sich in den Dom geflüchtet. Tilly schenkte ihnen das Leben und
ließ Brot unter sie verteilen. Am vierten Tage hielt er seinen Einzug in die ein-
geäscherte Stadt. Sowohl Freunde als Feinde versichern, daß der greise Feldherr
beim Anblick der Trümmerhaufen Tränen vergossen habe.
11. Gustav Adolfs Siegeszug. Nach dem Fall Magdeburgs brach Tilly in
Sachsen ein. Da sandte der Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen (1611—56),
der bisher gezögert hatte, sich Gustav Adolf anzuschließen, Boten an diesen und bat
um Hilfe. Gustav Adolf kam, vereinigte sein Heer mit dem sächsischen und schlug
Tilly auf Leipzigs weiter Ebene bei Breitenfeld vollständig. In kurzer Zeit war 1631
ganz Norddeutschland vom Feinde befreit. Alle protestantischen Fürsten schlossen
sich jetzt an Gustav Adolf an, und dieser folgte nun Tilly nach dem Main und durch
Franken. Uberall wurde er mit ungeheurem Jubel ausgenommen. In Bayern
(am Lech) traf er nochmals mit Tilly zusammen und schlug ihn wiederum. Tilly
selbst wurde hier durch eine Kanonenkugel verwundet und starb 15 Tage später in
Ingolstadt. Augsburg öffnete dem König seine Tore, sogar München mußte sich
ergeben. Unterdes hatte Johann Georg von Sachsen Böhmen eingenommen.
12. Wallensteins Wiedereinsetzung. Nach diesen Siegen war Gustav Adolf
Herr von ganz Deutschland. In seiner Not wandte sich der Kaiser an Wallenstein
und bat ihn, ein neues Heer zu werben. Darauf hatte dieser gewartet. Anfangs
benahm er sich kalt, sagte aber endlich zu. Wie durch einen Zauberschlag schuf er
in wenig Tagen eine neue Armee. „Das Heer ist da, nun schickt einen Führer!“
schrieb er nach Wien. Und nochmals mußte ihn der Kaiser bitten, den Oberbefehl
selbst zu übernehmen. Wallenstein sagte zu, forderte aber unbeschränkte Gewalt
über sein Heer, und der Kaiser bewilligte alles.
13. Gustav Adolfs Tod. Bald darauf bedrängte Wallenstein den Kurfürsten
bon Sachsen. Seine Generale Holk und Gallas fielen mit ihren Horden im Vogt-
lande und im Erzgebirge ein, verwüsteten Städte und Dörfer und mißhandelten
die Bewohner in furchtbarster Weise. In dieser Not rief der Kurfürst den Schweden-
könig abermals um Hilfe an, und Gustav Adolf kam. Bei Lützen, nicht weit von
Leipzig, zog er seine Truppen zusammen. Am 16. November 1632 kam es zur Schlacht. 1632
Sobald der Morgen graute, befahl der König seinem Feldprediger, Gottesdienst zu —
halten. Die Trompeter bliesen die Melodien: „Ein' feste Burg ist unser Gott“ und „Verzage
nicht, du Häuflein lein.“ Das ganze Heer sang andächtig mit. Hierauf bestieg der König
sein Roß, stellte sich an die Spitze des Heeres und rief: „Nun wollen wir dran. Das walt’ der
liebe Gott. Jefu, Jefu, hilf mir heute streiten zu deines Namens Ehr'.“ Dann zog er den
Degen und rückte gegen den Feind.
Der Sieg neigte sich bald auf die Seite der Schweden. Da sah Gustav Adolf,
daß der linke Flügel seines Heeres zurückgedrängt wurde. Schnell eilte er an der