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breite Freitreppe zur Brühlschen Terrasse führt, die in ihrer
Anlage und Ausschmückung selbst ein Glanzpunkt Dresdens ist, hat
eine Künstlerhand aus Sandstein die sinnigen Figuren der Tages-
zeiten geschaffen. Leicht lüftet der Morgen das Gewand, der Tag
erhebt den Kranz des Ruhmes, der Abend reicht dem Müden die
erquickende Schale, die Nacht hüllt ihn zum Schlummer ein. Was
die Künstler und Kunstschüler Dresdens schaffen, das wird in den
Kunstausstellungen den Blicken der Besucher dargeboten, oder in
photographischen Nachbildungen in den Kunsthandlungen der
Stadt zum Verkaufe gestellt. Seit Jahrhunderten aber sind die
Kunstschätze in Dresden gesammelt und in den „Kunstkammern“
oder Museen sorgfältig verwahrt worden. Unter diesen heben wir
die Bildergalerie und das Grüne Gewölbe als die kostbarsten
hervor. Jene befindet sich im Zwinger und enthält die herrlichen
Olgemälde fremder und deutscher Meister. Dort ruht der Jesus-
knabe, leuchtend wie eine Sonne, im Stalle zu Bethlehem; die Hirten
beten an, und die Engel des Himmels lobsingen (Heilige Nacht von
Correggio). Und dort schwebt die Mutter Maria mit dem Kinde
auf dem Arme aus den Wolken, die sich zu lauter Engelsköpfen
gestalten, hernieder, um den heiligen Sixtus und die Barbara zu
segnen (Sixtinische Madonna von Raphael). Das Grüne Gewölbe
befindet sich im königlichen Schlosse und enthält in vielen Sälen
weltberühmte Kostbarkeiten. Kunstvolle Ringe und Armspangen,
leuchtende Diamanten und Rubinen, Halsbänder aus Edelsteinen
und Perlen, goldene Gefäße und seltene Uhren, Waffen aus Italien
und der Türkei, Figuren aus Bronze und Elfenbein, der Kristall-
becher Luthers und der Brillantschmuck der Königin glänzen uns
aus Tausenden von Prachtstücken entgegen. Wie sehr unser Königshaus
bemüht ist, den Kunstsinn des Volkes auch in der Gegenwart zu
fördern, mögen die höheren Schulen für Musik und Theater
(Königliches Konservatorium), die Kunstgewerbeschule für Maler,
Zeichner und Modellierer und vor allem die Technische Hochschule,
die unter anderem die Baukunst pflegt, uns zeigen. Kunst-
denkmäler auf Markt und Straße, Kunstsammlungen
in den Schlössern und Museen, Kunstausstellungen,
handlungen und -schulen kennzeichnen Dresden hin-
länglich als eine Stadt der Kunst.
6. Daß neben den schönen Künsten in Dresden auch das
wissenschaftliche Leben sich regt, mag uns zunächst ein Blick
auf die Königliche Bibliothek bezeugen. Ihre Schätze füllen das
erste und zweite Stockwerk des Japanischen Palais in Neustadt, das
an seinem grünen Kupferdache kenntlich ist, vollständig aus. Gegen
300 Tausend Bände gedruckter Bücher, über 6 Tausend Handschriften
und etwa 20 Tausend Landkarten werden hier wohlgeordnet ver-
waltet und sind dem öffentlichen Gebrauche erschlossen. Weiter sind
auch eine Reihe wissenschaftlicher Sammlungen bestimmt, dem
Studium zu dienen. Wollt ihr die schönsten Waffen der Krieger