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der Wald und auf dem Gipfel der Turm geben ihm eine gewinnende
Erscheinung. Nach dem Norden hin streckt sich der Berg zu einem
reich bewohnten Tale nieder. Im Süden aber reiht sich Berg an
Berg zu einer gebirgsartigen Landschaft. Uberall ziehen sich am
Fuße der Berge Dörfer entlang, in denen fleißige Pände spinnen
und weben, und freundliche Kirchen und Städte blicken zu uns herauf.
Der Czörneboh ist der höhere Berg des Nordens (558 m). Steil-
wandig entsteigt er der Talsenke, baut einen kräftigen Rücken auf,
fällt in schroffen Gehängen wieder zur Nordebene ab und hüllt sich
in dunklen Fichten= und Tannenwald ein. Ulberall bricht der
Granit auf ihm durch und richtet mächtige Platten und Bläcke
auf. Nicht selten nimmt der formenreiche Stein anch die Gestalt
von Becken an und zeigt Risse und Höhlen. Die Einbildungskraft
des Volkes erblickte in diesen Steinformen Teufelsfenster, Kanzeln und
Altäre. Auch wir sehen im Geiste, wie sich die heidnischen Wenden
an den Granitfelsen des Czörneboh versammeln. Wir sehen, wie sie
gemessenen Schrittes zu dem Steinbecken ziehen, um sich durch Be-
sprengung zu weihen. Wir sehen, wie sie zu dem Teufelsfenster
pilgern, durch welches ihnen eine flüsternde Stimme das zukünftige
Schicksal verkündigt. Wir sehen, wie sie auf großer Steinplatte
opfern und an der Steinkanzel den Segen des Priesters empfangen.
Zweifellos sind Bieleboh und Czörneboh heilige Stätten der Wenden
gewesen. Zweifelhaft aber bleibt es, ob diese in der Tat schon
einen guten (Bieleboh = weißer Gott) und einen bösen Gott
(Czörneboh = schwarzer Gott) kannten. Wahrscheinlicher ist viel-
mehr die Annahme, daß erst mit der Verkündigung der christ-
lichen Lehre die heidnische Gottheit in das Waldesdunkel des Czörneboh
verwiesen und der Christengott auf dem milden Bieleboh verehrt
wurde. So stehen nun diese beiden Berge wie ein Brüder-
paar der Lausitz seit grauen Zeiten nebeneinander. Der
Bieleboh ragt in sanfteren, der Czörneboh in schrofferen
Flanken auf. Beide werden von Wald umzogen und von
Türmen gekrönt, von denen der eine in die Berge des
Südens, der andere in die Ebene des Nordens blickt und
der dritte an die deutsche Reckengestalt Bismarcks erinnert.
3.n Ist dann die Spree an der Bieleboh= und Czörnebohkette vor-
übergeeilt, so tritt sie (bei Obergurig) aus der Berglandschaft in die
Hügelgegend über Sie beginnt ihren Mittellauf, der allerorten
wendische Anklänge aus früheren Jahrhunderten und gewerbliche Be-
triebe aus der Gegenwart zeigt. Zunächst treffen wir bei dem Dorfe
Doberschau auf dem erhöhten rechten Ufer eine Heidenschanze an,
die ihren Halbkreis nach dem Wasser hin öffnet und vollständig
mit Busch und Baum bewachsen ist. Weiterhin schließen sich bei dem
Dorfe Ohna am Ende des Mittellaufes die Spreefelsen zu einem
Naturtore zusammen, durch welches der Fluß in die Ebene tritt.
Hier, wo auf dunklem Grunde die Seerose blüht und Waldbäume
der rechten Uferhöhe geheimnisvoll flüstern, stand auf hoher Felsen-