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Austritt aus dem Gebirge.) Folgen wir nun zunächst der ersten
Laufstrecke des Flusses! Breit und moorig ist die Hochfläche, wo
die weiße Mulde bei dem Dörschen Kottenhaide aus ihrem oberen
Quellteiche fließt, ehe sie sich mit dem Zuflusse der roten Mulde
eint, die als ein frisches Kind der Wiese und des Waldes bei
Schöneck (4 T.) geboren wird. Eng und waldreich wird das Tal
bei Jägersgrün, wo die Nadelbehänge der Fichten bis auf den
Spiegel des bräunlichen Muldenbaches reichen. Wieslen= und
blumengeschmückt zieht es sich dann weiter in flacheren Abhängen
dahin, bis es bei Schönheide zu einem Felsentale wird, durch
dessen Wände, Türme und Bergsporen sich rauschend das Wasser
drängt. Frisch und lebensfroh ist auch das Völkchen, das auf einer
linksseitigen Höhe dieses Talstückes in Schönheide (7½⅛ T.) wohnt,
einem stadtähnlichen Gebirgsdorfe, das vorzugsweise Bürsten und
Pinsel in zahlreichen Arten liefert. Uberblicken wir das obere
Muldental, so erscheint es uns kurzgesagt als ein Längstal mit
wechselvollen Naturbildern.
2. Begleiten wir die Mulde ferner auf der zweiten Strecke
ihres Laufes!" Ihr oberes Felsental erweitert sich zunächst zu einem
schönen und milden Gebirgskessel. In dieser Talweitung breitet
sich die freundliche und gewerbfleißige Gebirgsstadt Auc
(15 T.) aus. Von vier verschiedenen Richtungen her (von Zwickau
und Chemnitz, Adorf und Johanngeorgenstadt) führen Bahnlinien
nach diesem Orte. Er wird daher im Sommer von vielen Kur-
gästen und Gebirgswanderern besucht. Wie betriebsam aber die
Stadt ist, könnt ihr daraus ersehen, daß sie Wäsche fertigt, Wolle
spinnt, Eisen schmiedet, Stühle baut, Farben reibt, Stoffe bleicht
und der Sitz einer Heilanstalt, sowie der deutschen Fachschule für
Blecharbeiter geworden ist. Die alte Kirche in dem unn einverleibten
Zelle aber führt uns aus der Gegenwart in die Zeit des
12. Jahrhunderts zurück, in welchem (1173) Kloster „Zell-Maria"
hier gegründet wurde. — Von Ane an ist das Muldental tief ein-
geschnitten und wird auf beiden Seiten von Felsen oder waldigen
Gehängen gebildet. Da öffnet sich auf dem rechten Felsenufer eine
enge und feuchte Höhlung, die vermutlich die Mündung eines alten
Stollens ist. Vom Volke wurde sie die „Teufelskluft“ genannt.
Jetzt sehen wir an einer Marmortafel, daß wir vor der „Prinzen-
höhle“ stchen. Wir lesen auf ihr, daß Prinz Ernst von Sachsen
hier am 11. Juli 1455 aus den Händen seiner Räuber befreit
wurde, nachdem er sich drei Tage kümmerlich von Wurzeln und
Früchten genährt hatte. Der Prinzenhöhle gegenüber liegen die
Trümmer der Isenburg, einer alten (eisenstarken) Feste Sachsens.
Nördlich von ihr treffen wir das Schloß Stein, das noch
die drei Felsenabsätze zeigt, auf denen die alte Burg, als eine der
schönsten Sachsens, mit drei Burghöfen errichtet war. Auch der
Rittersaal ist noch zu erkennen, in dem die Trinkgelage gehalten
wurden, und der stolze Wartturm, der auf dem höchsteu Felsen die