116 Preußen.
Bewilligung der für diesen Zweck unter Berücksichtigung der allgemeinen
Finanzlage aufzuwendenden Mittel Ihre Zustimmung in Anspruch nehmen...
Der Gewerbefleiß und der Handel müssen zwar noch der Vortheile entbehren,
welche sie in Folge der Handelsverträge mit Frankreich zu erwarten
berechtigt waren; es steht jedoch für die Regierung Sr. Maj. der Entschluß
fest, daß denselben diese Vortheile nicht über den Zeitpunkt hinaus vorent-
halten bleiben sollen, in welchem die Verpflichtungen lösbar werden, die
gegenwärtig noch der Ausführung jener Verträge entgegenstehen. . . .“
14. Jan. Der Präsident Grabow eröffnet die Sitzungen des Abgeord.=
Hauses mit einer sehr entschiedenen Anrede:
„ ... Vor drei Monaten verließen wir diese Räume mit dem vom ganzen
Lande getheilten Wunsch, daß es gelingen möge, den ohne unser Verschulden
ausgebrochenen Verfassungsconflict zu lösen. Im Hinblick auf die kgl. Worte:
„Zwischen uns sei Wahrheit!“ muß jedoch mit tiefstem Bedauern unum-
wunden ausgesprochen werden, daß jener Conflict in den verflossenen drei
Monaten immer größere Dimensionen angenommen und den Ausbau unseres
verfassungsmäßigen Rechtsstaates gefährdet hat. Bis zu den Stufen des
Thrones ist das Haus der Abgeordneten, die alleinige, aus allgemeinen
Wahlen hervorgegangene wahre Vertretung des preußischen Volkes verdächtigt,
verleumdet, geschmäht worden. Im Interesse des Dienstes sind beamtete
Abgeordnete zur Disposition gestellt und versetzt worden, welche, getreu ihrem
Verfassungseide, die unstreitig dem Abgeordnetenhause verfassungsmäßig zu-
stehenden Rechte geübt und gewahrt haben. Die gesetzlich aufgehobenen Con-
duitenlisten sind im Verwaltungswege über das politische Verhalten der
Beamten, insbesondere der unabhängigen Richter, wieder eingeführt worden.
Der Artikel 99 der Verfassung ist verletzt, und, durch das von ihr gebotene
Ministerverantwortlichkeitsgesetz nicht geschützt, stehen wir einer budgetlosen
Regierung gegenüber. Doch das Land ist in diesem immer schärfer hervor-
tretenden Conflicte seinen gewählten Vertretern zu ihrer vollen Befriedigung
zur Seite getreten.
16. „ Der Finanzminister bringt im Abg.-Hause das bereits im Mai v. J.
vorgelegte und dann wieder zurückgezogene Budget für 1863 ein.
18. „ Antwort des Königs auf die Adresse der rheinischen-Indu-
striellen vom 6. d. M.:
„ . . . An Meinem und Meiner Regierung aufrichtigen Wunsche, den jetzigen,
die Gemüther beunruhigenden Zustand zu beseitigen, dürfen die Unterzeichner
der Adresse nicht zweifeln, aber sie dürfen sich auch der Prüfung der Frage
nicht entziehen, wer denselben herbeigeführt hat. Alle Akte Meiner
Regierung zu Anfang des verflossenen Jahres beweisen, wie sehr es derselben
darum zu thun war, der Volksvertretung entgegen zu kommen und auf
verfassungsmäßigem Boden mit ihr zusammen zu wirken. Meine Regierung
durfte, indem sie mehr gewährte, als bis dahin üblich gewesen war und
außerdem noch auf die Weitererhebung der Zuschlagssteuer von nahezu vier
Millionen Thalern verzichtete, auf Anerkennung ihres guten Willens
hoffen und hätte diese Anerkennung namentlich in einem weisen Gebrauche
der Rechte gefunden, welche der Volksvertretung zustehen. Allein sie ist in
dieser Hoffnung getäuscht worden. Nach fünfmonatlichen Berathungen hat das
Haus der Abgeordneten das Budget pro 1862 mit so erheblichen Absetzungen
votirt, daß mit der Annahme desselben die Wohlfahrt und Sicherheit des
Staates unvereinbar gewesen wäre, wie dies Meine Regierung im Laufe der
Debatten zum öfteren unumwunden erklärt hat. Das Abgeordnetenhaus
selbst war nach mehrfachen klaren Aeußerungen von der Unmöglichkeit der
Ausführung der gefaßten Beschlüsse überzeugt. Es hat die Unmöglichkeit der
Vereinbarung über einen Staatshaushalts-Etat selbst und wissentlich
herbeigeführt. Wenn das Herrenhaus den absolut unausführbaren Be-