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so vielen Gefahren erprobt ist, welches in Treue und Ausdauer von keinem
andern übertroffen wird, nicht von der Hoffnung, daß Ew. Majestät Weisheit
die ehrliche Stimme seiner gesetzlichen Vertreter unterscheiden werde von dem
Rathe derer, welche in dem Kampfe der Parteien ihre an sich ohnmächtigen
Bestrebungen durch den erhabenen Namen Ew. Majestät zu decken und zu
stützen sich bemühen. — Königliche Majestät! Unsere Stellung als Vertreter
des Landes legt uns die gebieterische Pflicht auf, feierlich zu erklären, daß der
innere Frieden und die Kraft nach Außen dem Lande nur durch die Rückkehr
zu verfassungsmäßigen Zuständen wiedergegeben werden können.“
31. Jan. Der König lehnt es ab, die Adreß= Deputation des Abge-
ordnenhauses zu empfangen. Das Haus beschließt die directe schrift-
liche Zusendung an denselben.
„ „ Die 4 östlichen Armeecorps werden mit Rücksicht auf die in Polen
ausgebrochene Insurrection zu einer Armee unter dem Oberbefehl
des Generals v. Werder vereinigt.
1. Febr. General v. Alvensleben und Flügeladjutant v. Rauch gehen
in besonderer Mission, jener nach St. Petersburg, dieser nach
Warschau ab. — Proclamation des commandirenden Generals
und des Oberpräsidenten der Provinz Posen gegen jede Betheiligung
an der polnischen Insurrection.
3. „ Antwort des Königs auf die Adresse des Abgeordnetenhauses.
(ohne Gegenzeichnung eines Ministers):
„Ich habe die Adresse, welche das Haus der Abgeordneten unter dem 29.
v. M. an Mich zu richten beschlossen hat, empfangen. Ihr Inhalt sowohl,
als der Weg, auf welchem dieselbe Mir zugegangen ist, lassen Mich glauben,
daß es dem Hause darum zu thun ist, Meine persönliche Anschauung
und Willensmeinung kennen zu lernen. Deshalb richte Ich, ohne Ver-
mittlung Meiner Minister, Mein königliches Wort an das Haus der Abgeord-
neten. Die Adresse bekundet einen tiefgreifenden Gegensatz in der Stellung
des Hauses zu Meiner Regierung. Es wird die Anschuldigung gegen
Meine Minister erhoben, daß sie nach dem Schluß der letzten Sitzungsperiode
des Landtages verfassungswidrig die Verwaltung ohne gesetzlichen Etat fort-
geführt, daß sie auch solche Ausgaben, welche durch Beschlüsse des Hauses
ausdrücklich abgelehnt worden seien, verfügt und sich dadurch einer Verletzung
des Art. 99 der Verfassungsurkunde schuldig gemacht hätten. Zwar
hat das Haus der Abgeordneten mit Recht jeden Zweifel an Meinem ernsten
und gewissenstreuen Willen, die Verfassung des Landes aufrecht zu erhalten,
ausgeschlossen; dasselbe hat aber Anordnungen Meiner Regierung, welche
mit Meiner Genehmigung getroffen worden, als Thatsachen zur Begründung
der Beschwerde über Verfassungs-Verletzung angeführt. Ich würde jene An-
ordnungen nicht zugelassen haben, wenn Ich darin eine Verfassungsverletzung
hätte erkennen können, und muß die gegen Meine Regierung erhobene Be-
schuldigung als unbegründet aus voller Ueberzeugung zurückweisen. Das
Haus der Abgeordneten hatte von seinem verfassungsmäßigen Rechte der Mit-
wirkung bei Feststellung des Staatshaushalts in einer Weise Gebrauch gemacht,
daß es Meiner Regierung, wie dieselbe dies ohne Rückhalt wiederholt ausge-
sprochen hatte, unmöglich war, den unausführbaren Beschlüssen des Hauses
ihre Zustimmung zu ertheilen. Sein gleichfalls verfassungsmäßiges Recht
ausübend, hatte das Herrenhaus den vom Hause der Abgeordneten bis
zur Unausführbarkeit abgeänderten Staatshaushalt-Etat für das Jahr 1862
abgelehnt. Da nun die Festsetzung dieses Etats nach der Vorschrift der Ver-
fassung für die vorjährige Sitzungsperiode des Landtages unmöglich geworden