120 Preußen.
war, und da die Verfassung für einen solchen Fall keine Bestimmungen ent-
hält, so ist es unverständlich, wenn das Haus der Abgeordneten eine
Verfassungs-Verletzung darin erkennen will, daß Meine Regierung die Ver-
waltung ohne gesetzlich festgestellten Etat fortgeführt hat. Ich muß es viel-
mehr als eine Ueberschreitung der verfassungsmäßigen Befug-
nisse des Hauses der Abgeordneten bezeichnen, wenn das Haus seine
einseitigen Beschlüsse über Bewilligung oder Verweigerung von Staats-Aus-
gaben als definitiv maßgebend für Meine Regierung betrachten will.
Die Adresse bezeichnet das Recht der Ausgabe-Bewilligung als das oberste
Recht der Volksvertretung. Auch Ich erkenne dies Recht an und werde es
achten und wahren, so weit es in der Verfassung seine Begründung findet.
Ich aber muß das Haus darauf aufmerksam machen, daß nach der Verfassung
die Mitglieder beider Häuser des Landtags das Volk vertreten und der Staats-
haushalts-Etat nur durch Gesetz, nämlich durch einen von Mir geneh-
migten, übereinstimmenden Beschluß beider Häuser des Landtags der
Monarchie festgestellt werden kann. War eine solche Uebereinstimmung nicht zu
erreichen, so war es die Pflicht der Regierung, bis zur Herbeiführung dersel-
ben die Verwaltung ohne Störung fortzuführen. Sie hätte unverantwortlich
gehandelt, hätte sie dies nicht gethan. Wenn die Adresse aber ausführt, „daß
die neue Session begonnen habe, ohne daß Meine Regierung durch thatsäch-
liches Entgegenkommen auch nur die Aussicht eröffnet habe, zu einer geregelten
Handhabung der Finanzen zurückzukehren und die Heeres-Einrichtungen auf
gesetzliche Grundlagen zu stützen,“ so muß Mich das im höchsten Grade be-
fremden. Denn es ist dabei gänzlich mit Stillschweigen übergangen, daß in
der Eröffnungsrede des allgemeinen Landtags der Monarchie die Vorlage des
Budgets pro 1863 und 1864, die Vorlage einer Ergänzung zum Gesetze vom
3. Sept. 1814 über die Verpflichtung zum Kriegsdienst angekündigt worden,
und außerdem behufs nachträglicher Genehmigung durch das Haus der Abge-
ordneten die Vorlegung der Rechnungen über Einnahmen und Ausgaben pro
1862 zugesagt worden ist, welche zu dem von Meinem Finanzminister ange-
gebenen Zeitpunkt erfolgen wird. Wie kann das Haus der Abgeordneten sich
darnach der Einsicht verschließen, daß Meine Regierung es sich dringend an-
gelegen sein läßt, die Finanzverwaltung des Staates sobald als möglich wie-
der auf eine gesetzliche Basis zu stellen? Wenn in Veranlassung des einge-
tretenen Conflicts von mehreren ständischen Corporationen und aus der Mitte
der Bewohner vieler Kreise des Landes Mir zahlreiche Adressen überreicht
worden sind, in denen die Unterzeichner Mir ihre persönliche Ergebenheit und
ihre Zustimmung zu den Anordnungen Meiner Regierung ausgedrückt haben,
so hat es Mich unangenehm berührt, dieselben in der Adresse des Hauses
der Abgeordneten als eine kleine, der Nation seit lange entfremdete Minderheit
bezeichnet zu sehen. Ich habe diese Kundgebungen aus allen Ständen und
Classen Meiner getreuen Unterthanen mit Befriedigung empfangen, und muß
den Vorwurf, daß die Theilnehmer in Treue und Hingebung für ihr preußi-
sches Vaterland gegen Andere zurückstehen, als ungerechtfertigt um so mehr
zurückweisen, als dem Hause der Abgeordneten nicht unbekannt geblieben
sein kann, was Ich auf jene Adressen geantwortet und wie Ich Meinen Dank
persönlich ausgesprochen habe. Das Haus der Abgeordneten hat ferner eine
Beschwerde über Mißbrauch der Regierungsgewalt vorgetragen und zur Be-
gründung derselben auf die Maßregeln Meiner Regierung gegen einzelne Be-
amte und Landwehrmänner und gegen die Presse Bezug genommen. Da
hiebei jedoch, wie auch nicht behauptet worden, die gesetzlichen Befugnisse der
Behörden in Ausübung der Disciplin nicht überschritten worden sind, und
da über die vorgekommenen Ausschreitungen der Presse lediglich Unsere Gerichte
zu erkennen haben, so war der Landesvertretung keine hinreichende Veranlas-
sung gegeben, sich mit den berührten Vorgängen zu beschäftigen und sie zum
Gegenstand ihrer Beschwerde zu machen. Das Haus der Abgeordneten wird