128 Preußen.
Hauses auf jenen angeblichen Anspruch durch die förmliche Erklä-
rung, das Haus habe keine Disciplinargewalt über die Minister,
verlangt wird. Das Haus beschließt, dieses Schreiben der Geschäfts-
ordnungs-Commission zu überweisen und inzwischen seine Sitzungen
zu suspendiren. Die Commission versammelt, sich sofort. Das Mini-
sterium lehnt die Einladung desselben zu dieser Sitzung ab. Die
Commission beschließt darauf einstimmig, beim Abg.-Hause darauf
anzutragen, es wolle beschließen: „1) daß der Präsident jeden Redner,
also auch die Minister, unterbrechen kann; 2) daß durch eine solche
Unterbrechung das verfassungsmäßige Recht der Minister, jederzeit
gehört zu werden, nicht beeinträchtigt wird;. 3) daß es hingegen
verfassungswidrig ist, wenn die Minister ihre Gegenwart im Hause
willkürlich von Vorbedingungen abhängig machen; 4) daß demnach
das Haus sich nicht veranlaßt findet, auf das in dem Schreiben
des Staatsministeriums vom 12. Mai ausgesprochene Verlangen
einzugehen.“
13. Mai. Neue Unterhandlungen zwischen den beiden großen Fractionen
des Abg.-Hauses über den Erlaß einer Adresse an den Konig;
die Fortschrittspartei ist fast einstimmig dafür, das linke Centrum
will dagegen erst die schwebende Ordnungsfrage erledigt wissen.
Die Fortschrittspartei beharrt jedoch auf ihrem Entschluß und bringt
den Entwurf ein.
15. „ Das Abg.-Haus genehmigt den Antrag der Geschäftsordnungs-
Commission vom 12. d. M. bezüglich des Conflicts mit dem
Ministerium mit 295 gegen 20 Stimmen und beschließt mit 167 gegen
138 Stimmen, auf Grund des Art. 60 der Verfassung eine ausdrück-
liche Aufforderung an die Minister, im Hause zu erscheinen, zu erlassen.
18. „ Das Staatsministerium richtet ein neues Schreiben an
das Abg.-Haus, es habe nicht einen Verzicht auf das vom Prä-
sidenten beanspruchte Recht der Unterbrechung eines redenden Mini-
sters, sondern eine Erklärung verlangt, daß dem Präsidium den
Ministern gegenüber eine Disciplinarverfügung und namentlich das
Recht des Ordnungsrufes nicht zustehe. Das Haus beschließt, daß
es keinen Grund habe, seinen Beschlüssen v. 15. etwas hinzuzufügen
und im fernern: bis das Ministerium in Erfüllung seiner verfas-
sungsmäßigen Pflicht vor dem Hause erscheine, die Militärfrage von
der Tagesordnung zu entfernen und dagegen sofort die Adresse
in Berathung zu. nehmen.
20. „ Das. Herrenhaus beschließt gelegentlich einer Petition in
scharfem Gegensatz gegen die Beschlüsse des Abg. Hauses mit allen
gegen 1 Stimme der Regierung für ihr Verhalten in der pol-
nischen Frage den Dank des Hauses auszusprechen und eine
Petition, die dahin geht, die Stellvertretungskosten von den
Beamten, welche Mitglieder des Abg.-Hauses sind, selbst tragen
zu lassen und die Diäten der Abgeordneten herabzusetzen, der Re-