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gierung zu überweisen, „unter ausdrücklicher Anerkennung des Rechts
derselben, die Frage, ob die im Abgeordnetenhause sitzenden königl.
Beamten die Kosten ihrer Stellvertretung selbst tragen sollen, defi-
nitiv, und diejenige, über die Gewährung der Reisegelder und
Diäten an die Abgeordneten bis zum Erlaß eines desfallsigen Ge-
setzes provisorisch zu entscheiden.“
21. Mai. Der König tritt durch ein von sämmtlichen Ministern gegen-
gezeichneten Schreiben an das Abg.-Haus für das Begehren
der Minister in dem Conflict derselben mit dem Hause ein:
„ . . . Unser Staatsministerium hat durch seine Schreiben vom 11. und
16. d. M. dem Hause der Abg. wiederholte Gelegenheit geboten, den Vor-
gang v. 11. d. M. auf die Bedeutung eines vereinzelten Falles zurückzuführen.
Das Haus der Abgeordneten ist diesem versöhnlichen Schritte seinerseits nicht
entgegengekommen, sondern hat die erbetene Erklärung versagt und sich indi-
rect den von Seiten des Präsidiums am 11. d. M. bethätigten Anspruch
auf eine Disciplinargewalt über Unsere Minister angeeignet. Ein solcher
Anspruch entbehrt der gesetzmäßigen Grundlage, und Wir können es der
Würde Unserer Regierung nicht für entsprechend erachten, daß Unsere
Minister als Vertreter der Krone den Verhandlungen des Hauses unter Ver-
zichtleistung auf die ihnen rechtlich zustehende und verfassungsmäßig verbriefte
selbständige Stellung gegenüber dem Hause der Abgeordneten und dem Prä-
sidium desselben beiwohnen. Wir können daher das Haus der Abgeordneten
nur ermahnen, einer Lage der Dinge, unter welcher die wesentlichsten In-
teressen des Landes leiden, ein Ende zu machen, indem das Haus der Abge-
ordneten Unseren Ministern die von denselben verlangte Anerkennung ihrer
verfassungsmäßigen Rechte gewährt und dadurch das fernere geschäftliche
Zusammenwirken ermöglicht, ohne welches ein Ergebniß der Verhandlungen
des Landtags sich nicht in Aussicht nehmen läßt.“
Das Haus beschließt fast einstimmig, die Botschaft des Königs
der Adreßcommission zu überweisen.
22. „ Die Adreßcommission erstattet dem Abg.-Hause Bericht und
legt ihm den Entwurf einer Adresse vor. Die Fraction der
Altliberalen stellt demselben ein Amendement entgegen, das die
Adresse lediglich auf den jüngsten Conflict beschränkt und dahin
schließt: Das Abg.-Haus sei gemäß dem factischen Hergang außer
Stande, die verlangte Erklärung abzugeben, von der das Ministe-
rium sein Wiedererscheinen im Hause abhängig machen wolle; die
Dinge seien leider dahin gediehen, daß ein Ergebniß von Verhand-
lungen des gegenwärtigen Ministeriums mit dem gegenwärtigen
Abgeordnetenhause nicht mehr abzusehen sei. Das Haus lehnt das
Amendement der altliberalen Fraction mit 257 gegen 41 Stimmen
ab und genehmigt den Entwurf der Commission mit 239 gegen
61 Stimmen:
„Ew. Maj. allerhöchste Botschaft vom 20. d. M. ist von dem Hause der
Abg. ehrfurchtsvoll entgegengenommen worden. Dieselbe bezieht sich auf den
Hergang, welcher in der ehrerbietigst beigefügten Ausfertigung des betreffenden
Theils der stenographischen Berichte wiedergegeben ist. — Wir können daraus
nur entnehmen, daß Ew. Maj. die Verhandlungen des Hauses nicht wahr-
heitsgetreu vorgetragen worden sind. Unser Präsident hat in der Sitzung
vom 11. d. M. nicht den Anspruch erhoben, die Minister Ew. Maj. seiner
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