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weder als Wähler, noch als Gewählter entbunden, und wenn Se. Maj. be-
stimmt den verfassungsmäßigen Weg vorzeichnet, auf welchem seine Beamten
ihn begleiten sollen, so sind Alle zum Gehorsam, diejenigen aber, welche des
Königs Gnade aus besonderem Vertrauen in Stellen von politischer Bedeu-
tung berufen hat, noch außerdem zu thatkräftiger Unterstützung der königl.
Staatsregierung verpflichtet. “
26. Sept. Die Regierung sucht die Ausübung des Wahlrechts von Seite
des Militärs bei den bevorstehenden Wahlen möglichst zu verhindern.
28. „ Der Kronprinz und die Kronprinzessin verreisen auf längere Zeit
nach England.
8. Oct. Antwort des Königs auf eine Adresse der Dorfgemeinde Stein-
grund in Schlesien, welche zu wissen wünscht, ob der König wirklich
mit dem Ministerium einig sei und wen sie wählen solle:
„Wenn die Gemeinde bei den Wahlen Mir ihre Treue bekunden will, so
kann dies nur durch die Wahl solcher Männer geschehen, welche den festen
Willen haben, Meine Minister in der Durchführung der ihnen von Mir
übertragenen Aufgaben zu unterstützen. Ein feindliches Verhalten
gegen Meine Regierung läßt sich mit der Treue gegen Meine
Person nicht vereinigen; denn Meine Minister sind durch Mein Ver-
trauen in ihre Stellungen berufen und haben Mich in der Erfüllung Meiner
großen und ernsten Pflichten zu unterstützen. Das Werk, dessen Durchfüh-
rung Ich ihnen vor allem aufgetragen habe, ist die Feststellung der Hee-
reseinrichtungen, welche Ich für die Sicherheit des Vaterlandes als
nothwendig und in der Erleichterung des Dienstes für die älteren Wehrmän-
ner als nützlich und gerecht erkannt habe. Ich würde die Pflichten gegen
Mein Volk verletzen, wenn Ich dieses Ziel nicht mit voller Entschiedenheit
erstrebte. Sobald dasselbe erreicht ist, wird der Friede im Lande sich neu
und dauernd begründen und die Ausfuͤhrung Meiner Absichten für die weitere
gedeihliche Entwickelung der Gesetzgebung auf dem Boden der Verfassung ge-
sichert sein. Daß dahin die Bestrebungen Meiner Minister in Uebereinstim-
mung mit Meiner eigenen Willensmeinung gerichtet sind, darauf kann die
Gemeinde kraft Meiner Versicherung vertrauen.“
15. „ Kölner Dombaufest. Der König nimmt nicht daran Theil, nach-
dem Hr. v. Bismarck bei der Einladung auffallender Weise über-
gangen worden war.
18. „ Feier der Schlacht von Leipzig. Die Entfaltung deutscher Fahnen
wird in einzelnen Städten, wie Erfurt rc. von der Polizei verboten.
In Berlin sind an den königl. Gebäuden nur preußische Fahnen
aufgezogen.
28. „ Allgemeine Landtagswahlen. Trotz aller Anstrengungen bringt
die Regierungspartei nur 37 ihrer Candidaten durch. Die Fort-
schrittspartei geht verstärkt aus der Wahlurne hervor, die Partei
des linken Centrums bleibt sich ziemlich gleich, die kathol. Fraction
verliert einige Sitze, die altliberale Fraction erleidet eine vollstän-
dige Niederlage.
4. Nov. Das Kammergericht erkennt gegen den Abg. Twesten als Stadt-
gerichtsrath wegen Unterzeichnung des Wahlaufrufs der Fortschritts-
partei auf eine Verwarnung.