Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Preußen. 147 
trägt mit 15 gegen 6 Stimmen darauf an, eine Adresse an den 
König zu richten. 
18. Dec. Das Abg.-Haus nimmt mit 207 gegen 107 Stimmen (die feu- 
 
 
dale, die katholische, die polnische Fraction und die Fraction der 
äußersten Linken) die ihr vorgeschlagene Adresse an den König an: 
        „ . . . Das Haus der Abgeordneten hat bereits in eingehender Verhand- 
lung die schleswig-holsteinische Frage erörtert und die Richtung der Politik, 
welche einzuhalten Deutschlands Ehre und Interesse nach unserer Ueberzeugung 
gebieten, in seinem Beschlusse vom 2. Dec. bezeichnet. . . . Preußen und 
Deutschland sind demnach verpflichtet, das Erbrecht Friedrich VIII. anzuer- 
kennen, die Zusammengehörigkeit und Unabhängigkeit der Herzogthümer her- 
zustellen, und das deutsche Bundesgebiet von der Anwesenheit dänischer Truppen 
zu befreien. Dieser Verpflichtung schleunig und wirksam nachzukommen, hat 
kein anderer deutscher Staat dringendere Aufforderung, als der preußische. 
Auf dem Boden der Herzogthümer hat unser tapferes Heer seine ersten Siege 
seit den Befreiungskriegen erfochten, und damit seine Waffenehre für den end- 
lichen Triumph der von ihm ruhmreich aber erfolglos vertheidigten Sache 
eingesetzt. Die Unterdrückung der Herzogthümer seit 1851 war die erste und 
nothwendige Folge der unheilvollen Uebereinkunft von Olmütz, deren verderb- 
liche Rückwirkung auf Preußens innere Zustände und deutsche Machtstellung, 
von jedem patriotischen Herzen bitter empfunden, erst mit der Befreiung der 
Herzogthümer wieder getilgt sein wird. Mit tiefem Leidwesen sieht deshalb 
das Haus der Abgeordneten die königliche Staatsregierung in einer Rich- 
tung wirken, welche nicht die Beseitigung, sondern die Herstellung und 
Kräftigung der Vereinbarungen von 1851/52 zur Folge zu haben droht. . . . 
Sie haben von Anfang an keine andere europäische Bedeutung, als die schwere 
Gefährdung gerade der preußischen Staatsinteressen gehabt, so daß jede preußische 
Thätigkeit zu ihren Gunsten ein Act der Selbstzerstörung genannt werden 
muß. . . . Das Haus der Abg. wendet sich an Ew. Maj., um die schwere 
Schuld von sich abzuwenden, daß es nicht Alles versucht habe, um eine Po- 
litik zu ändern, welche das Land auf lange Zeit zu schädigen droht. Denn 
nach dem System des Ministeriums müssen wir fürchten, daß in seinen Hän- 
den die begehrten Mittel nicht im Interesse der Herzogthümer und Deutsch- 
lands, nicht zum Nutzen der Krone und des Landes verwendet werden 
dürften. . . .  Darum bitten wir Ew. Maj. ehrfurchtsvoll und dringend, von 
dem Londoner Vertrag zurückzutreten, den Erbprinzen von Schleswig-Holstein- 
Augustenburg als Herzog von Schleswig-Holstein anerkennen, und dahin wirken 
zu wollen, daß der deutsche Bund ihm in der Besitzergreifung und Befreiung 
seiner Erblande wirksamen Beistand leiste. Das Haus der Abgeordneten hat 
keinen wärmeren Wunsch, als einer Politik, welche, getragen von dem Ver- 
trauen der Nation und ausgeführt mit rückhaltloser Hingebung an die na- 
tionale Sache, diese hohe Aufgabe sich zum Ziele setzte, alle Mittel freudig 
zur Verfügung zu stellen.“  
„   „   Die Regierung bringt im Abg.-Hause einen Gesetzesentwurf be- 
züglich Festsetzung des Staatshaushaltsetats ein für den 
Fall der Nichtvereinbarung zwischen Regierung und Landtag über 
das jährliche Budgetgesetz. Der einzige Artikel des Entwurfs ent- 
hält die Bestimmung, daß der zuletzt vereinbarte ordentliche Etat 
bis zur Vereinbarung eines neuen, und die außerordentlichen Aus- 
gaben, so weit dieselben für vereinbarte dauernde Zwecke bestimmt 
seien, in früherer Höhe fortdauern sollen, 
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