Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Oesterreich. 159 
der Justizgesetzgebung erachtet das Abgeordnetenhaus Reformen auf jenem 
des materiellen Strafrechts für zorfenen und wenn das Zustandekom- 
men eines vollständigen neuen Strafgesetzes für die nächste Zukunft nicht ge- 
wärtigt werden kann, so erscheinen jene Abänderungen um so dringlicher, 
welche alsbald auch ohne vollständige Revision des Strafgesetzes ausführbar 
sind, und allseitig als ein unabweisliches Bedürfniß anerkannt werden. Auch 
erfordert die Heiligkeit des Rechts und die Würde seiner Pflege eine geänderte 
Stellung der Richter, um ihnen ihre volle Unabhängigkeit zu sichern." 
13. Juli. Antwort Rußlands auf die österr. Depeschen der drei Mächte 
bezüglich Polens: Versuch einer Trennung Oesterreichs von den 
Westmächten (s. Rußland) 
15. „ Da die 11 czechischen Mitglieder des Abg.-Hauses der Auffor- 
rung zu erscheinen, nicht entsprochen haben, so wird ihr Mandat 
vom Abg.-Hause für erloschen erklärt. 
16. „ (Siebenbürgen). Eröffnung des Siebenbürgischen Landtags 
in Hermannstadt. Die magyarischen Mitglieder erscheinen nicht. 
17. „ Der Finanzminister legt dem Abg.-Hause das Budget vom Nov. 
1863 bis Ende 1864 vor. 
19. „ Oesterreich lehnt den Trennungsversuch Rußlands in einer Dep. 
nach Paris und London entschieden ab: 
„Die Depesche des Fürsten Gortschakoff berührt drei Punkte, welche ganz 
besonders Oesterreich betreffen, und über welche die kaiserliche Regierung sich 
mit Entschiedenheit aussprechen muß, bevor sie sich mit den Regierungen von 
England und Frankreich über die Haltung ins Einvernehmen Fett, welche die 
drei Mächte in Folge der russischen Antworten anzunehmen für gut finden 
werden. Ich will nicht untersuchen, ob ein geheimer Gedanke den Fürsten 
Gortschakoff beim Schreiben der drei Passagen, um welche es sich handelt, 
leiten konnte. Ich beschränke mich darauf, zu erklären, daß diefelben geeignet 
sind, ein zweideutiges Licht auf die Absichten Oesterreichs zu werfen und es 
in eine Stellung zu bringen, welche es nicht annehmen könnte. Die drei 
Stellen der russischen Depeschen, welche sofort eine Bemerkung erheischen, sind 
folgende: 1) jene, wo Fürst Gortschakoff andeutet, daß unsere Depesche vom 
18. Juni die Weigerung Rußlands, einer Conferenz beizutreten, vorahne und 
so zu sagen zum Voraus billige; 2) wo eine Art von Gleichstellung zwischen 
den polnischen Provinzen des österreichischen Kaiserstaats und dem im allge- 
meinen mit dem Namen des Königreichs Polen bezeichneten Lande aufgestellt 
wird; 3) endlich jene, wo die russische Regierung vorschlägt, sich mit Oester- 
reich und Preußen in's Einvernehmen zu setzen, um das Loos ihrer betref- 
fenden polnischen Unterthanen festzustellen. Ich ersuche Ew. 2c., sich gegen 
Herrn Drouyn de Lhuys (Lord Russell) sehr bestimmt auf solche Weise aus- 
zusprechen, daß kein Zweifel über die Gesinnungen der kais. Regierung übrig 
bleibe. Was die Conferenz betrifft, so constatirt unsere Depesche vom 18. Juni 
an den Grafen Thun einfach eine klare Thatsache, indem sie zu verstehen gibt, 
daß der Zusammentritt derselben von der Theilnahme Rußlands abhängt. 
Es ist in der That klar, daß man nicht in Conferenz mit Nußland verhan- 
deln könnte, wenn diese Macht es ablehnt. Daraus folgt jedoch nicht, daß ein 
solches Ablehnen von uns gebilligt werde. Der Vorschlag einer Conferenz ist 
im Gegentheile nach unserer Ansicht für die russische Regierung vollkommen 
annehmbar. Wir haben übrigens den Grafen Thun bereits telegraphisch be- 
auftragt, sich in diesem Sinne auszusprechen und diese irrige Auslegung un- 
serer Depesche zu berichtigen. Was die Gleichstellung zwischen Galizien und 
dem Königr. Polen anbelangt, so müssen wir jede Insinuation dieser Art mit
	        
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