Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

England. 175 
null und derselbe nur eine Puppe in der Hand der Franzosen sei, 
die daher für alles verantwortlich seien, was dort geschehe. 
15. Mai. Lord Palmerston erklärt sich im Unterhause für die Forderung 
des Sultans bezüglich des Suezeanals. 
„ Erste Conferenz der drei Schutzmächte Griechemlands zu Lon- 
don: der griechische Thron wirb für erledigt erklärt. 
5.—28. Mai. Diplomatische Correspondenz zwischen Graf Russel und dem 
brasilianischen Gesandten. Der kletztere fordert schließlich 
seine Pässe. 
16. 
5. Juni. Dritte Conferenz der griechischen Schutzmächte zu London: 
Feststellung der Bedingungen, unter welchen Prinz Wilhelm von 
Dänemark als König von Griechenland anerkannt wird. 
16. „ Die japanische Regierung hat die von England für den Mord 
Nichardson's verlangte Entschädigungssumme bezahlt, verweigert da- 
gegen die Auslieferung der Mörder, unter dem Vorwande, daß sie 
derselben nicht habhaft werden könne. 
17.—18. Juni. England, Frankreich und Oesterreich richten zum zweiten- 
mal wesentlich gleichlautende Noten an Rußland, nachdem 
sie sich in Folge längerer Unterhandlungen über sechs Punkte als 
Basis der Unterhandlungen auf einer Conferenz der acht Mäßhte, 
welche den Wiener Vertrag unterzeichnet haben, geeinigt hatten, 
welchen Punkten England seinerseits noch die Forderung der Pro- 
clamation eines provisorischen Waffenstillstandes beifügt. 
Englische Depesche: „.. . Die Regierung IJ. Maj. wünscht nicht, 
eine fruchtlose Discussion fortzusetzen. Ich werde also über jede auf meine 
vorhergegangene Depesche bezügliche Controverse hinweggehen; ich werde es 
nicht unternehmen, in dieser gegenwärtigen Mittheilung den genauen Sinn 
des Artikels im Wiener Vertrage zu bestimmen, der Polen betrifft. Die Re- 
gierung J. Maj. wünscht mit dem Kaiser von Rußland eine praktische Lösung 
für eine sehr schwierige und höchst wichtige Aufgabe zu finden. Es ist 
keine leichte Sache, das verlorene Vertrauen und den Frieden, der gegenwirtig 
von allen Seiten gebrochen ist, wieder herzustellen. Die Regierung J. Maj. 
würde sich eines großen Dünkels für schuldig halten, wenn sie das Vertrauen 
ausspräche, daß vage Erklärungen, wohlwollende Absichten, ja selbst die Aus- 
führung einiger weisen Gesetze auf den Geist der Polen eine genügende Wir- 
kung zur Rückführung des Friedens und des Gehorsams üben würden. Unter 
den gegenwärtigen Umständen glaubt die Regierung J. M., daß man nichts- 
destoweniger das folgende Project von Maßnahmen als Basis der Pacification 
annehmen müsse: (Folgen die sechs Punkte. s. Oesterreich.) Diese sechs Punkte 
könnten dazu dienen, auf Maßnahmen zu führen, die nach einer ruhigen und 
erschöpfenden Berathung getrossen werden sollen. Aber es ist schwer, ja 
beinahe unmäglich, das nöthige Vertrauen und die nöthige Ruhe zu gewinnen, 
so lange die Leidenschaften von Tag zu Tag sich steigern, der Haß tödtlich wird, 
und der Entschluß, zu siegen oder zu sterben, sich mit einer mehr und mehr 
ernstlichen Hartnäckigkeit bestärkt. .. Das Erste, was zutihun ist, ist nach der 
Meinung der Regierung J. M. eine Einstellung der Feindseligkeiten herzustellen. 
Diese Einstellung könnte im Namen der Menschlichkeit durch eine Proclama= 
tion des Kaisers von Rußland, ohne seiner Würde dadurch Abbruch zu thun,
	        
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