Schweden und Norwegen. 223
der laufenden Verwaltung für jede Session geordnet werden müssen; für das
Budget stimmen daher die beiden Kammern als eine, so daß einfache Mehr-
heit entscheidet. Was die Zusammensetzung der beiden Kammern anlangt, so
soll die erste von den neugeschaffenen „Landsthingen" (höheren Communal=
behörden für die einzelnen Lehne oder Aemter) und von den außerhalb der
Landsthinge stehenden Städten Stockholm und Gothenburg durch Stadtbevoll-
mächtigte erwählt werden. Die Wahl geschieht nicht auf Lebenszeit, sondern
auf neun Jahre; die Mitglieder dieser Kammer erhalten keine Diäten. Durch
die Bedingungen für die Wählbarkeit — Besitz eines Grundeigenthums von
80,000 Rthlrn. Werth, oder eines jährlichen Einkommens von 4000 Reichs-
thalern — soll das conservative Interesse, wenn es nicht ein bloßes Standes-
oder persönliches Interesse ist, zufriedengestellt werden. Die Mitglieder der
zweiten Kammer werden auf drei Jahre gewählt, also für drei Sessionen,
und zwar ein Mann für jede Domsaga oder jeden Gerichtsdistrikt, und in
den Städten einer für je 10,000 Einwohner. Danach wird die ganze Kammer
aus 170 bis 180 Mitgliedern bestehen. Die Städte erhalten hier ein großes
Uebergewicht über die Landbevölkerung: in der ersten Kammer haben dagegen
die Interessen des flachen Landes die Oberhand. Den einzelnen Wahldistrikten
ist die Bestimmung anheimgegeben, ob sie mittelbar oder unmittelbar wählen
wollen in der Voraussicht, daß die dünnbevölkerten ausgedehnten Distrikte
mittelbare Wahlen, die dichter bevölkerten und politisch mehr erregten unmittel-
bare vorziehen. Die Wählbarkeit ist bei der zweiten Kammer auf die einzel-
nen Wahldistrikte beschränkt; bei der ersten findet sich eine solche Beschränkung
nicht. Auch ist der Census für das Wahlrecht zur zweiten auffallend hoch:
Besitz eines Grundeigenthums von 1000 Rthlrn. oder einer Einnahme von
jährlich 800 Rthlrn. oder Besitz eines Pachtguts von 6000 Rthlrn. sind Be-
dingungen, durch welche eine Menge von bisher berechtigten Personen ihr Wahl-
recht verlieren. Gemildert werden diese Bedingungen indeß dadurch, daß in
Folge der neuen Steuerverordnungen die Schätzung des Grundeigenthums
eine bedeutend höhere geworden ist. Die Zeit der einzelnen Sessionen ist auf
vier Monate jedes Jahrs vom 15. Jan. an festgesetzt. Da der Reichstag sich
mit allen Gegenständen, welche die Gesellschaft berühren, also auch mit kirch-
lichen, zu befassen hat, so soll zur Wahrung der Interessen der Kirche der zur
Hälfte aus Priestern bestehenden Synode (Kirkomöte) ein Veto gegen den
Reichstag in Bezug auf Kirchliches zugestanden werden; dadurch soll dem Ein-
wande gegen die Reform vorgebeugt werden, daß das religiöse Interesse einen
Antheil der Priesterschaft an der Repräsentation selbst erfordere. Ebenso soll
der Adel durch das Fortbestehen des Ritterhauses und durch das Recht des-
selben zu einem Veto in Privilegienfragen eine Bürgschaft seines Bestehens
und seiner Vorrechte erhalten.
17. Jan. (Schweden). Der Bürger= und der Bauernstand des Reichs-
tages beschließen, dem König für seinen Verfassungsvorschlag zu danken.
6. Febr. (Schwedeny). Der Verfassungsausschuß des Reichstages be-
schließt, den Regierungsvorschlag bezüglich der Repräsentations-
form, nach dem Auösdruck des §. 81 der Verfassung, anzurathen,
so daß der Vorschlag bis zum nächsten Reichstag ruhen würde, wo
alsdann die Reichsstände Beschluß darüber zu fassen haben.
(Schweden). Der Reichstag spricht sich für gemeinschaftliches
Maaß, Gewicht und Münze in Schweden, Norwegen und Däne-
mark aus.
28. „ (Schweden). Die Regierung legt dem Reichstage ein Blau-
buch über die schleswig-holsteinische Frage vor.
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