Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Dänemark. 229 
nicht strenge innerhalb seiner Grenzen hält, hat die Erfahrung der letzten 
Tage nur allzusehr gerechtfertigt. Dieses Streben, seine Wirksamkeit über seine 
bundesrechtliche Competenz hinaus auszudehnen — ein Streben, unter welchem 
wir in dieser Zeit leiden — wird in einer mehr oder weniger nahen Zukunft 
die ernstesten Verwicklungen in Deutschland und Europa hervorrufen. Es 
würde daher zu wünschen sein, daß man nicht die Augen dieser Gefahr gegen- 
über schlösse, so lange es noch Zeit ist sie zu beschwören, und daß man sofort 
einen heilsamen Widerstand gegen Eingriffe böte, der sonst unfehlbar und 
unverzüglich große Dimensionen annehmen wird. — Endlich habe ich nun 
noch einmal mich bestrebt, die schleswigsche Frage zu beleuchten. Hinsicht- 
lich dieses Punktes schmeichle ich mir nicht mit der Hoffnung, die vollständige 
Billigung des Fürsten Gortschakoff zu erhalten. Die Regierung des Königs 
hat die Ansichten und Argumente reiflich erwogen, die die Depeschen des 
Fürsten nach und nach in Betreff dieser Sache geltend gemacht haben, und 
die Erinnerung an die seiner Zeit geleisteten wichtigen Dienste, die Dank- 
barkeit für das aufrichtige Interesse, das man uns bezeigt, machen uns wirk- 
lich geneigt, uns den Ansichten der befreundeten Mächte, und namentlich 
Rußlands möglichst zu nähern. Es gibt aber Fragen von solcher Wichtigkeit 
und Bedeutung, daß eine Regierung ihr eigenes Urtheil nicht dem ihrer 
Freunde, selbst ihrer aufrichtigsten Freunde unterordnen kann. Und die schles- 
wigsche Frage ist für uns eine Frage dieser Art. Ich glaube nicht hier auf 
die Einzelheiten in unserer darauf bezüglichen Argumentation zurückkommen 
zu müssen. Der Fürst kennt dieselben bereits aus unserm Memorandum an 
den österreichischen Hof, welches Sie s. Z. dem kais. Cabinet mitzutheilen die 
Ehre gehabt haben. Ich werde hier nur eine kleine Bemerkung hinzufügen, 
deren Richtigkeit, wie ich hoffe, von der großen politischen Erfahrung des 
Fürsten anerkannt werden wird. Diese sogenannten internationalen Ver- 
pflichtungen, die Dänemark dem Bunde gegenüber eingegangen sein 
sollte, stützt dieser ganz einfach auf eine diplomatische Correspondenz 
zwischen den Ministern. Es gibt keinen aussgefertigten Tractat, es 
gibt keine Notificationen zwischen Souveränen, es gibt keine constitutionelle 
Billigung der Volksrepräsentation. Und doch sollte nach der Behauptung des 
Bundes die Rede von einer seierlichen und beständigen Verpflichtung sein, die 
ein nicht zum Bunde gehörendes Land unter die beständige Controle des 
Bundestags stellte. Es scheint mir, daß dieses eine sormelle Argument hin- 
reicht, um jede Art von Zweifel über die Realität zu entfernen 
21. Jan. Das Landsthing beschließt mit 39 gegen 2 Stimmen (10 Mit- 
glieder enthalten sich der Abstimmung) eine Adresse an den König zu 
richten, um gegenüber dem engl. Vermittlungsvorschlage eine weitere 
Ausscheidung Holsteins und dagegen eine engere Vereinigung des 
eigentlichen Königreichs Dänemark und Schleswigs zu verlangen: 
„ .Klar steht es vor uns, daß es jetzt mehr als je nothwendig ist, es 
der Welt kund zu thun und außer Zweifel zu stellen, wozu man die Regie- 
rung und das Volk Dänemarks nicht wird willig finden können, weil die 
Einwilligung dasselbe sein würde, als sich selbst aufzugeben und zu der Auf- 
lösung des Reichs die Hand zu reichen. Eine gemeinsame Verfassung für das 
Königreich und Schleswig ist der correcte Ausdruck für die staatsrecht- 
liche Stellung des Herzogthums zum Königreich und zur Kronez sie ist noth- 
wendig, um die constitutionelle Freiheit in den besonderen Angelegenheiten zu 
wahren. Das politische Band, welches das Königreich und Schleswig verbin- 
det, bedarf eben so sehr der Kräftigung und Entwickelung in freiem und 
volksthümlichem Geiste, als die Bevölkerung Schleswigs einen giltigen Anspruch 
darauf hat, der Güter einer freien Entwickelung theilhaftig zu werden. Jede 
Schwächung der constitutionellen Gemeinschaft würde dahingegen für beide 
verderblich sein, und jedes Bestreben, Schleswig eine mit dem deutschen
	        
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