Rußland. 247
eine Ausdehnung der Insurrection auf die polnischen Provinzen
Oesterreichs und Preußens.
Aufruf an die Polen in österr. und preuß. Gebiet: „. Brü-
der! der Kampf mit dem russischen Czaren, welcher von allen Feinden Po-
lens der schrecklichste ist, verlangt die Mitwirkung aller polnischen Provinzen
und die Concentrirung aller Nationalkräfte; deshalb darf und soll es weder
im preußischen noch im österreichischen Gebiet zu einem Aufstande kommen.
Die Nothwendigkeit. sich in Groß-Polen (Posenh, in Westpreußen, in Klein-
Polen und in Galizien ruhig zu verhalten, befreit jedoch nicht die dortige
Bevölkerung, sich an dem Kriege gegen Rußland zu betheiligen; diese Theil-
nahme ist vielmehr die Pflicht eines Jeden und die Nichterfüllung derselben
als ein Nationalverbrechen zu betrachten. Kampffähige, besonders militärisch
ausgebildete Polen sollen sich den Reihen der Freiheitskämpfer anschließen.
Bewaffnet, unter guter Leitung sollen sie, die Wachsamkeit der Grenzbehörden
umgehend, die feindlichen Cordons überschreiten. Die zweite Pflicht jener
Provinzen ist, den Aufstand durch Waffenzufuhr zu verstärken. Gewehre, in
größerer und kleinerer Zahl, sowie auch einzelne, gekaufte, geschenkte oder be-
stellte sollen den Aufständischen durch alle Grenzpunkte gelicserr werden. Die
dritte Pflicht ist, zur Nationalsteuer beizutragen, deren Ertrag zum Ankauf
von Wassen bestimmt sein wird. Die öffentliche Meinung Europa's mit dem
wahren Zustande, dem Charakter, der Stärke und der Ausdehnung des Auf-
standes bekannt zu machen, gehört zu euren Pflichten. Die pünktliche und
eifrige Erfüllung derselben wird die Provinzen im österreichischen und preußi-
schen Gebiete in eine reiche Quelle verwandeln, welche den Aufstand in Con-
greßpolen, in Litthauen und Reußen kräftigen "
— März. (Polen). Der Erzübischof Felinski und 8 andere Mitglieder
des polnischen Staatsraths fordern ihre Entlassung.
3. „ Eintritt der Befreiung der Leibeigenen in ganz Rußland nach den
Bestimmungen der Emancipationsacte vom 3. März 1861.
10. „ (Polen). Der Insurgentenführer Langiewicz erklärt sich zum
Dictator.
11. „ (Polen). Mieroslawski protestirt gegen die Dictatur von
Langiewicz.
12. „ (Polen). Langiewicz ernennt eine Civilregierung.
13. „ (Litthauen). Ein kaiserl. Ukas tritt den revolutionären Ten-
denzen des polnischen Adels in Litthauen dadurch entgegen, daß er
allen directen Beziehungen zwischen den (polnischen) Gutsbesitzern
und ihren (meist russischen) Bauern ein Ende macht, indem er „in
Anerkennung der Nothwendigkeit, localer Verhältnisse halber, die
Aufhebung der obligatorischen Beziehungen zwischen den Guts-
besitzern und den auf ihren Ländereien ansässigen, zeitweilig ver-
pflichteten Bauern dadurch zu erleichtern und zu beschleunigen, daß
die letzteren mit Hülfe der Regierung ihre Landantheile kaufen“,
verfügt: . . „2) Alle obligatorischen, auf dem Boden ruhenden,
Beziehungen zwischen Bauern und Gutsbesitzern hören vom 1. Mai
1863 an auf. 3) Von diesem Augerblick an sind diese Bauern
freie Eigenthümer. 5) Vom 1. Mai c. an machen die Bauern
alle Geldzahlungen an die Distriktskassen und von diesen werden sie
den Gutsbesitzern gemacht.“ Die Bauern werden damit sofort von