Uußland. 261
curator dazu. Die Richter und den Procurator ernennt die Na-
tionalregierung, dieselben sind unabsetzbar. Die Obertribunale ent-
scheiden mit Stimmenmehrheit, die Urtheile derselben sind endgültig.
Berufung von denselben ist Niemandem gestattet. Alle Vorschriften
für die Revolutionstribunale gelten auch für die Obertribunale u. s. w.
5. Juli. (Polen). Die geheime Nationalregierung decretirt ein Zwangs-
anlehen von 26 Mill. poln. Gulden und ernennt Ladislaus Czar-
toryski, Joseph Ordega und Severin Galczowski zu Verwaltern
dieser Schuld.
(Litthauen). Proclamation Murawiews an alle Stände seines
Amtsbezirks:
„Es ist die Zeit gekommen, in der die Regierung entschlossen ist, mit
unbeugsamer Festigkeit dem verbrecherischen Treiben der Rebellen Grenzen zu
setzen, nachdem sie ihnen bis jetzt Zeit und Mittel gegeben, um sich zu be-
denken und zur Pflicht zurückzukehren. Die Hauptförderer des Aufstandes
und ihre Helfershelfer, die alle Stände zur Theilnahme am Aufruhr an-
spornen, die friedlichen Landbewohner aufreizen, ihr gemeinschaftliches Ver-
mögen rauben und die treuen und pflichtgetreuen Unterthanen des Kaisers
einem qualvollen Tode unterwerfen, tragen eine große Verantwortlichkeit vor
Gott, dem Kaiser und dem Volke, und werden der gerechten Strafe nicht ent-
gehen. Aus den Acten der Untersuchungscommissionen, den Berichten der
Militärchefs und den Aussagen der Gefangenen geht hervor, daß außer den
Schlachtsitzen (Bauernadel), Städtern und sonstigem müßigem Volk, das sich
niemals durch gute Sitten ausgezeichnet, eine große Anzahl Personen, die an
den gegenwärtigen Unordnungen theilnehmen und mitwirken, der katholi-
schen Geistlichkeit, dem eingebornen Adel und den Gutsbesitzern
angehört. Der Antheil dieses Standes ist so allgemein geworden, daß die
Adelsmarschälle, auf meinen Befehl gefragt, sich nicht entschließen konnten,
diejenigen Personen namhaft zu machen, auf deren politische Zuverlässigkeit
man bauen könne. Die Friedensrichter und andere Personen, die bei den
Friedensinstitutionen Aemter bekleiden, haben die heilige Pflicht, die ihnen
von der Regierung und Gesellschaft auferlegt ist, Förderer solcher Einrichtun-
gen zu sein, die das Wohl und Gedeihen des Volkes bezwecken, vergessen und
sind Hauptlenker der revolutionären Bewegungen geworden. In Folge dessen
war ich gezwungen, sie aus dem Dienste auszuschließen, dem Kriegsgerichte zu
übergeben und einen großen Theil der Friedensinstitutionen eingehen zu lassen.
Endlich hat die katholische Geistlichkeit noch nie so dreist und gesetzwidrig ihre
verbrecherischen Handlungen an den Tag gelegt, wie jetzt; der Nuf zum Auf-
stande erschallt von der Höhe der Kanzel; Reden, vom Geiste des Hasses und
der Zerstörung durchdrungen, hört man in den katholischen Heiligthümern;
ja einige lenatige Geistliche greifen selbst zu den Waffen, gesellen sich zu
den Rebellenhaufen und führen einzelne derselben an. Die hohe Geistlichkeit
aber, die das beste und sicherste Mittel besitzt, um das Land zu beruhigen, —
eine Ermahnung im Namen Gottes, zur Ordnung und gesetzlichen Pflicht
zurückkehren — ist absichtlich unthätig und gibt damit ihre Zustimmung zu
den blutigen Wirren und Unordnungen, durch die das Volk, das sich der
gesetzmäßigen Obrigkeit in Treue unterwirft, dem Kaiser, seinem Befreier,
dankbar und grenzenlos ergeben ist, litt und noch immer leidet. Eine solche
Sachlage darf nicht länger geduldet werden. Ich rufe alle Stände zur Er-
füllung ihrer Pflicht. Jedes Glied der Gesellschaft ist jetzt verpflichtet, ver-
nünftig und redlich sich zu seiner Unterthanenpflicht zu wenden und An-
gesichts der gegenwärtigen Vorgänge, die das ganze Land mit unsäg-
lichem Elend bedrohen, besonders aber die Grundbesitzer, die Regierung bei
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