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Deutschland.
Sache den angestrebten Erfolg nicht nur nicht zu erreichen vermag, sondern
sogar besondere politische Nachtheile herbeizuführen droht, so hält die kurfürst-
liche Regierung, wie sie glaubt in wahrhaft föderativer Gesinnung, eine wei-
tere Verfolgung dieser Angelegenheit für nicht räthlich, und vermag deshalb
den gestellen Mehrheitsanträgen des Ausschusses ihre Zustimmung nicht zu
ertheilen.“
Votum Oesterreichs: „... Die Verfassung des deutschen Bundes
wird nach ihrer Ansicht nicht mehr auf die Dauer von dem Einflusse der
volksthümlichen Staatseinrichtungen unberührt bleiben können, die nunmehr
in allen deutschen Ländern herrschen. Zwischen der Bundesverfassung und
den Verfassungen der Einzelstaaten wird die nothwendige Uebereinstimmung
und ein lebendiger Zusammenhang hergestellt werden müssen. Gelänge dieß
nicht, so müßten in Zukunft der Wirksamkeit des Bundes immer engere
Schranken gezogen werden. Der Bund würde sich lockern, statt sich zu be-
festigen. Die kais. Regierung verschließt sich nicht dieser Erkenntniß, aber sie
hegt zugleich die tiefe Ueberzeugung, daß die Aufgabe zeitgemäßer Entwicke-
lung der Gesammtverfassung Deutschlands an strenge Bedingungen ge-
bunden ist, an Bedingungen, die nicht ohne Gefahren von unberechenbarer
Ausdehnung übertreten werden können. Das Wohl der Fürsten, und Völker
Deutschlands, ja der europäischen Gesellschaft verlangt, daß diese Entwickelung
allmählich und auf der sicheren Grundlage des bestehenden Vertrags= und
Verfassungsrechtes fortschreite. Die Bestrebungen für Bundesreform dürfen
nicht Wege einschlagen, noch sich in Formen kleiden, die sich für die eigen-
thümliche Natur und die Verhältnisse des deutschen Staatenvereins nicht eig-
nen. Sie müssen die ganze Nation in ihrer allein durch den Bundestag er-
haltenen und gewährleisteten Einheit umfassen. Sie dürfen den Bundeskörper
nicht verkleinern, kein Mitglied des Bundes dem andern unterordnen, nicht
das Wesen des Bundes als einer Vereinigung unabhängiger und zu freier
Selbstbestimmung in gleichem Maße berechtigter Staaten zerstören oder unter-
graben. Sie dürfen endlich nicht plötzlich und gewaltsam in den regelmäßigen
Gang des Verfassungslebens der Einzelstaaten eingreifen. Entschlossen, diese
Bedingungen unverrückt einzuhalten, sieht die kais. Regierung dieselben in dem
Vorschlage vollkommen gewahrt, die Entwürfe gemeinsamer Gesetze für Deutsch-
land einer Versammlung von Abgeordneten der Ständeversammlungen zur
Berathung vorzulegen. Sie ist weit entfernt, durch diesen Vorschlag in seiner
jetzigen Gestalt und in seiner vorübergehenden Bestimmung die Aufgabe der
Ausbildung der deutschen Bundesverfassung für erschöpft zu halten. Aber sie
wird in dem von Deutschlands Regierungen in wohlmeinender Absicht und
in voller Freiheit gefaßten Beschlusse, zunächst für den bestimmten gerade jetzt
zu erreichenden Zweck zum erstenmale eine Versammlung von Mitgliedern
deutscher Volksvertretungen zu gemeinsamer Berathung zu berufen, einen
bedeutsamen ersten Schritt und eine wohlberechnete Uebergangsmaß-
regel erblicken. Und sie vermag dem Einwande, daß eine Maßregel solchen
Gewichtes dem wahren Bedürfnisse der Nation nicht entgegenkomme, irgend
eine Berechtigung in so lange wenigstens nicht zuzugestehen, als diese Einrede
weder auf eine klare Begriffsbestimmung gestützt noch durch den Hinweis auf
irgend einen Vorschlag bestärkt sein wird, welcher eben so rechtmäßig in seiner
Begründung, wie derjenige, welchen die Mehrheit des Ausschusses empfiehlt,
denselben an innerem Gehalt und fördernder Wirkung übertrifft.“
Nach erfolgter Abstimmung gibt Oesterreich eine Erklärung
ab, der sich diejenigen Gesandten, welche mit Oesterreich gestimmt
hatten, sowie der braunschweig-nassauische Gesandte für Nassau
anschließen:
„ . . . Nachdem aber nun diese Hoffnung getäuscht worden, glaubt die
kais. Regierung den ernsten Anforderungen der Lage nicht durch einen un-