Ergänzungen. (England.) 303
14. Dec. Eine Depesche des englischen Gesandten in Berlin berichtet über die von
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16.
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Hrn. v. Bismark einige Tage vor der Ankunft des Lord Wodehouse zu Berlin
in vertraulicher Unterredung ausgedrückten Ansichten, wie die schleswig-hol-
steinische Frage zu einer Lösung gebracht werden könne. Hr. v. Bismark
hält eine gemeinsame Verfassung für Dänemark und die Herzogthümer nach
dem Plane von Christian VII., oder die Vereinigung des deutschen Theiles
von Schleswig mit Holstein unter abgesonderter Legislatur und Verwaltung
(von dem übrigen Theile der dänischen Monarchie) für ersprießlich. Ein
dritter Plan sei die administrative Vereinigung von Südschleswig mit Holstein,
ohne daß jedoch das erstere dem deutschen Bunde einverleibt werde. Graf Ca-
rolyi, fügt der Gesandte hinzu, habe sich in ähnlichem Sinne geäußert.
„ Sir Malet, der englische Gesandte am deutschen Bunde, erhält von dem
Bundespräsidialgesandten, Baron Kübeck, auf eine Anfrage, welche
Maßregeln der deutsche Bund ergreifen werde, falls der Prinz von Augu-
stenburg es sich einfallen lassen sollte, im Gefolge der Bundestruppen sich
nach Holstein zu begeben, die Antwort: daß ein solches Vorgehen des Augu-
stenburgers „ein europäischer Skandal und eine Beleidigung für die dänische
Regierung sein, welche die dänische Regierung sogar berechtigen würde, der
Bundesexecution selbst Widerstand zu leisten.“
„ Der englische Gesandte in Berlin meldet Lord Russel, daß Lord Wode-
house von dort abgereist sei, ohne daß es ihm gelungen wäre, von der preußi-
schen Regierung eine bestimmte Angabe über die Vereinbarungen, mit denen
Deutschland zufrieden sein würde, zu erhalten. „Die preußische und die öster-
reichische Regierung haben somit die alte Politik des Bundestages, über die
sich Dänemark so häufig zu beschweren hatte, befolgt, und bloß gesagt, was
sie nicht wollen, aber jede Andeutung über den Character der Vereinbarung,
die sie annehmen würden, bestimmt verweigert.“ Es sei daher unwahrschein-
lich, daß Lord Wodehouse die dänische Regierung gewillt finden werde, eine
die Organisation der Monarchie betreffende Politik aufzugeben, die im Falle
eines Krieges solide Vortheile verheiße.
„ Ankunft Lord Wodehouse in Kopenhagen. Er berichtet Lord Russel, daß
er ohne Verzug sich zu Herrn Hall begab und ihm den Rath ertheilte, die
November-Verfassung zurückzunehmen, weil man erachten könne, daß sie den
Versprechungen von 1852 zuwiderlaufe, und weil Großbritannien ein Recht
habe, zu erwarten, daß die dänische Regierung die Dinge nicht auf's Aeußerste
treiben werde. Herr Hall lehnte den Rath ab; er werde keines-
falls der Minister sein, auf dessen Empfehlung der englische
Rath befolgt werden würde.
„ Lord Russel instruirt Lord Wodehouse neuerdings dahin, die Zurücknahme
der Verfassung vom 18. November für Schleswig von Dänemark zu erzie-
len: „Ein Casuist könnte über den Sinn der Worte: „Einverleibung in Dä-
nemark oder auf die Einverleibung abzielende Schritte“ einen Streit erheben,
und zeigen, daß es kaum irgendeinen dem Herzogthum Holstein, für sich ge-
nommen, vortheilhaften Schritt geben könne, der sich nicht so darstellen ließe,
als zielte er von fern auf die Einverleibung Schleswigs in Dänemark ab.
Glücklicherweise aber ist im vorliegenden Fall ein so fein zugespitztes Raison-
nement nicht vonnöthen. Das am 18. November sanctionirte Grund-
gesetz für das eigentliche Dänemarkund Schleswig ist thatsäch-
lich eine Einverleibung Schleswigs in Dänemark. Es bestimmt,
daß Schleswig im Parlament von Dänemark vertreten sein soll, und daß
alle vom Parlament oder Rigsraad erlassenen Gesetze im Herzogthum Schles-
wig, sowie im Königreich Dänemark gelten sollen. (Lord Russel citirt verschie-
dene Paragraphen der Novemberverfassung.) Zwar ist sowohl Dänemark als
Schleswig eine besondere repräsentative Versammlung gelassen, aber es ist
klar, daß diese Versammlungen nur für örtliche Angelegenheiten da sein sollen,
und daß all ihre Macht über gemeinsame Angelegenheiten vom Risgraad