Deutschland. 27
fruchtbaren Ausdruck des Bedauerns genügen zu können, sondern sie glaubt
es sich selbst und ihren Bundesgenossen schuldig zu sein, hiemit zu erklären:
1) daß sie sich das Recht wahre, den Antrag vom 14. Aug., nachdem er
nicht als Bundesmaßregel ausgeführt werden kann, durch Vereinba-
rung mit denjenigen hohen Regierungen in Ausführung zu bringen, welche
dieß demnächst zur Förderung der in Hannover und in Dresden im Gang
befindlichen Gesetzgebungswerke für nützlich halten würden; 2) daß sie sich
vorbehalte, bei erneuter Hoffnung auf Annäherung der Ansichten auch in der
Mitte dieser hohen Versammlung auf den mehrerwähnten Antrag zurückzu-
kommen; endlich 3) daß sie, wenngleich die Schwierigkeiten der beiden Fragen
der Errichtung eines wirksameren executiven Organs des Bundes und der
organischen Einführung einer aus den Volksvertretungen der Einzelstaaten
hervorgehenden Gesammtvertretung nicht verkennend, für ihren Theil jederzeit
bereit sei, in eine Berathung dieser beiden Fragen einzutreten, und sich dieser
Aufgabe in demselben Geist aufrichtiger Bundesgenossenschaft und freisinniger
Würdigung der Erfordernisse der Zeit zu nahen, von welchem sie bereits in
den seitherigen Verhandlungen Beweise abgelegt zu haben glaubt."
24. Jan. (Kurhessen). General Haynau entleibt sich.
„ „ (Preußen). Eine Circulardepesche Bismarks gibt den Vertre-
tern Preußens Kenntniß von den mit Oesterreich seit dem Anfange
Dec. 1862 gepflogenen Unterhandlungen über das Delegirtenproject:
„ . . . Ich hatte zur Herbeiführung besseren Einverständnisses beider Höfe
die Initiative in der Form von Unterredungen mit dem Grafen Karolyi er-
griffen, in welchen ich dem kais. Gesandten Nachstehendes zu erwägen gab.
„Nach meiner Ueberzeugung müssen unsere Beziehungen zu Oesterreich un-
vermeidlich entweder besser oder schlechter werden. Es sel der aufrich=
tige Wunsch der k. Regierung, daß die erstere Alternative eintrete; wenn wir
aber das hierzu nöthige Entgegenkommen des kaiserlichen Cabinets nachhaltig
vermißten, so sei es für uns nothwendig, die andere ins Auge zu fassen und
uns auf dieselbe vorzubereiten. Ich habe den Grafen Karolyi daran erinnert,
daß in den Jahrzehnten, die den Ereignissen von 1848 vorhergingen, ein
stillschweigendes Abkommen zwischen den beiden Großmächten vor-
waltete, kraft dessen Oesterreich der Unterstützung Preußens in europäischen
Fragen sicher war und uns dagegen in Deutschland einen durch Oester-
reichs Opposition unverkümmerten Einfluß überließ, wie er sich in der Bil-
dung des Zollvereins manifestirt. Unter diesen Verhältnissen erfreute sich der
deutsche Bund eines Grades von Einigkeit im Innern und von Ansehen nach
Außen, wie er seitdem nicht wieder erreicht worden ist. Ich habe unerörtert
gelassen, durch wessen Schuld analoge Beziehungen nach der Reconstituirung
des Bundestags nicht wieder zu Stande gekommen sind, weil es mir nicht
auf Recriminationen für die Vergangenheit, sondern auf eine practische Ge-
staltung der Gegenwart ankam. In letzterer finden wir gerade in den Staa-
ten, mit welchen Preußen, der geographischen Lage nach, auf Pflege freund-
schaftlicher Beziehungen besonderen Werth legen muß, einen zur Opposition
gegen uns aufstachelnden Einfluß des kais. Cabinets mit Erfolg geltend ge-
macht. Ich gab dem Grafen Karolyi zu erwägen, daß Oesterreich auf diese
Weise zum Nachtheile für die Gesammtverhältnisse im Bunde die Sympathien
der Regierungen jener Staaten vielleicht gewinne, sich aber diejenigen Preußens
entfremde.
„Der kaiserliche Gesandte tröstete sich darüber mit der Gewißheit, daß in
einem für Oesterreich gefährlichen Kriege beide Großstaaten sich dennoch unter
allen Umständen als Bundesgenossen wiederfinden würden. In dieser Voraus-
setzung liegt meines Erachtens ein gefährlicher Irrthum, über welchen
vielleicht erst im entscheidenden Augenblicke eine für beide Cabinette verhäng-
nißvolle Klarheit gewonnen werden würde, und habe ich deshalb den Grafen