Preußen.
370 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863.
„politische Verhalten der Beamteten, insbesondere der unabhängigen Nichter,
„wieder eingeführt worden. Der Artikel 99 der Verfassung ist verletzt
„und durch das von ihr gebotene Ministerverantwortlichkeitsgesetz nicht
„geschützt, stehen wir einer budgetlosen Regierung gegenüber.“ Das ganze
Haus war, mit Ausnahme der kleinen feudalen Fraction, darüber einig,
daß die Verfassung durch die Regierung verletzt sei und legte diese Ueber-
zeugung in einer Adresse an den König nieder, die nach dreitägiger Debatte
mit 255 gegen 68 Stimmen angenommen wurde und die mit der feier-
lichen Erklärung schloß, daß „der innere Frieden und die Kraft nach Außen
adem Lande nur durch die Rückkehr zu verfassungsmäßigen Zuständen wie-
„dergegeben werden könne.“ Der König hielt jedoch fest zu seinen Mi-
nistern, wies die Anklage einer Verfassungsverletzung durch die Minister
entschieden zurück und stellte der Anschauung des Hauses die andere gegen-
über, daß die jährliche Festsetzung des Budgets verfassungsmäßig durch
ein „Gesetz“ zu erfolgen habe, das wie jedes andere Gesetz nur dann für
alle Theile rechtlich bindend sei, wenn es durch übereinstimmenden Beschluß
beider Häuser des Landtags zu Stande gekommen und von ihm genehmigt
worden sei. Es ist klar, daß durch die Anerkennung dieser Theorie das
Budgetbewilligungsrecht des Abgeordnetenhauses vollkommen illusorisch
geworden wäre. Dennoch trat das Herrenhaus in seiner Adresse an den
König demselben einstimmig — die liberale Minderheit desselben war
eingeschüchtert in der Sitzung theils gar nicht erschienen, theils hatte sie
vor der Abstimmung den Saal verlassen — und entschieden bei, indem
es sich „in patriotischer Hingebung um den König vereinigen und seine
Regierung nach Kräften unterstützen“ zu wollen erklärte. Der König
erwiederte mit Befriedigung, daß seine Regierung „mit Festigkeit auf dem
von ihr vertretenen Standpunkte verharren werde.“ Ganz übereinstim-
mend damit legte die Regierung dem Landtage ein Budget für 1863 vor,
das genau nach denselben Gesichtspunkten bezüglich der Kosten der Armee-
reorganisation ausgearbeitet war, wie jenes für 1862, das von dem Abge-
ordnetenhause mit so überwiegender Mehrheit verworfen worden war,
ferner eine Novelle zum Militärpflichtgesetz von 1814, die alle Forderun-
gen der Regierung aufrecht erhielt und eine bloß zweizjährige Dienstzeit
absolut ablehnte, endlich ein Diätengesetz, das keinen andern Zweck hatte,
als die liberalen Beamteten durch materielle Gründe für die Zukunft vom
Eintritt in das Abgeordnetenhaus abzuhalten. Von vornherein konnte kein
Zweifel darüber obwalten, daß das Abgeordnetenhaus diese Vorlagen alle mit