Uebersicht der Ereignisse des Lahres 1863. 381
tag zur Zeit des. Erlasses allerdings nicht versammelt, aber nur, weil die Preußeg.
Regierung ihn wenige Tage vorher geschlossen hatte, um diese. Ordonnanz
erlassen zu können, da sie wohl wußte, daß er seine Zustimmung zu einer
solchen Maßregel so zu sagen einstimmig verweigert haben würde. Sechs
der gelesensten Berliner Zeitungen protestirten daher gegen die Verfügung
als eine „verfassungswidrige.“ Sie erhielten dafür sofort die erste Ver-
warnung und wurden den Gerichten überwiesen. Eine Anzahl anderer
Zeitungen des Landes schlossen sich der Erklärung an, aber alle sahen sich
genöthigt, um ihre Existenz zu retten, die Opposition gegen die Regie-
rung einzustellen und vorerst über innere Angelegenheiten so ziemlich ganz
zu schweigen. Sie glaubten es um so eher thun zu dürfen und zu sollen,
als ja die Maßregel die Leser der Zeitungen, die ganze gebildete Klasse,
man kann sagen die ganze Masse des Volkes eben so schwer traf als die
Zeitungen selbst. Die öffentliche Meinung begann auch wirklich sich zu
regen. Die Stadtverordneten von Berlin gingen voran, indem sie schon
am 4. Juni beschlossen, durch eine Deputation beim Könige selbst gegen
die „im Widerspruch mit der Verfassung eingeführten Beschränkungen der
Presse“, wie gegen „die Fortführung der Regierung ohne einen geordneten
Staatshaushalt“ zu remonstriren und um „die Wiederherstellung eines verfas-
sungsmäßigen Zustandes durch schleunige Berufung des Landtags“ zu bitten.
Der Magistrat faßte am folgenden Tage den Beschluß, sich dem Schritte der
Stadtverordneten anzuschließen und in einer ganzen Reihe von anderen Städten
wurden ähnliche Schritte theils beschlossen theils vorbereitet. Die Regierung
antwortete durch einen Erlaß, der die Berathung politischer Angelegenheiten
durch die Stadtverordnelenversammlungen verbot und die strengsten Maßregeln
dagegen anordnete. Es war indeß wiederum zweifelhaft, ob die Städteordnung,
auf die sich die Regierung für diesen Erlaß stützte, ihr die Gewalt dazu
wirklich gab. Der Moment war für die Regierung jedenfalls gefährlich. Der
Widerstand gegen das Ministerium Bismarck schien sich vom Abgeordnetenhause,
dessen Anstrengungen völlig vergeblich gewesen und in allen Formen von
der Gewalt entweder entschieden zurückgewiesen worden oder unbeachtet
geblieben waren, auf die Bevölkerungen der Städte und deren natürliche
Vertreker, die Stadtverordneten übertragen zu wollen. Wenn in den
größeren Städten der Monarchie dieselben Beschlüsse gefaßt wurden, wie
in Berlin und wenn die Bewegung sich in allen Provinzen von den
größeren auf die mittleren und kleineren. Städte fortpflanzte, wie es den
Anschein hatte und wenn die Stadtverordnetenversammlungen überall trot