404 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863.
deutsch= den Bund aufgeschreckt. Am 9. Juli beschloß derselbe, Dänemark zur
land.
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Zurücknahme jener Verordnung aufzufordern und ihm widrigenfalls mit
Erecution zu drohen und da Dänemark jener Aufforderung nicht entsprach,
sondern wie immer ausweichend antwortete, so wurde am 1. Oct. die
Execution in Holstein und Lauenburg wirklich beschlossen. Dänemark
suchte neue Ausflüchte und wurde darin von England unterstützt, als der
Tod des Königs Friedrich die ganze Sachlage mit einem Schlage ver-
änderte. Der deutsche Bund war durch die Festigkeit des Königs von
Bayern davor bewahrt worden, dem Londoner Vertrag beizutreten und
noch weniger hatten ihm die Bevölkerungen der Herzogthümer oder die
deutsche Nation zugestimmt. Für den deutschen Bund mochte Christian IX.
wohl. König von Dänemark sein, aber mit nichten zugleich auch Herzog
von Holstein, Lauenburg und Schleswig, obgleich er durch den Tod
Friedrich VIl. factisch in den Besitz derselben getreten war. Die deutsche
Wissenschaft hatte die dänische Erbfolgefrage, deren folgenreicher Eintritt
vorgesehen werden mußte, längst ihrer mannigfaltigsten Untersuchung unter=
zogen und die angesehensten Staatsrechtslehrer Deutschlands hatten sich
nach der einläßlichsten Prüfung übereinstimmend dahin erklärt, daß nach
den bestehenden Erbrechten, die zu verändern die Mächte, welche den Lon-
doner Vertrag unterzeichneten, nicht das mindeste Recht in Anspruch neh-
men konnten, die Herzogthümer Holstein und Schleswig an das Haus
Augustenburg fallen müßten, sobald mit dem Tode Königs Friedrich der
Mannsstamm dieser Linie des Hauses Oldenburg erlöschen würde. Recht-
lich mußte mit diesem Ereigniß die vollständige und definitive Trennung
der Herzogthümer von Dänemark erfolgen und die deutsche Nation, die
bis dahin keinerlei befriedigende Lösung der Verwickelung mit Dänemark
voraussehen mochte, hatte offenbar nur auf den Eintritt dieses Ereignisses
gewartet. So wie er aber vorlag, gerieth sie in eine gewaltige Bewe-
gung, die schnell alle Stämme der Nation mit unwiderstehlicher Gewalt
ergriff. Ueberall bildeten sich Vereine zur Unterstützung Schleswig-Hol-
steins, überall traten, nachdem kaum 8 Tage verflossen waren, Volksver-
sammlungen zusammen und verlangten die nunmehr zu Recht gewordene
factische, vollständige, definitive Trennung der Herzogthümer unter ihrem
legitimen Herzog Friedrich VIII. aus dem Hause Augustenburg. Auch
die Bevölkerungen der Herzogthümer, obgleich noch unter dem schweren
dänischen Joche seufzend, versuchten nach Kräften sich zu regen und fanden
eine mächtige Ermuthigung in der wachsenden Bewegung der Nation.