Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

420 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863. 
rentcc nicht that. Auch Hr. v. Bismarck erklärte übrigens, „daß die Regierung 
„sich die Entscheidung über diese Frage vorbehalte und sie weder dem deut- 
„schen Bunde überlassen, noch im preußischen Landtagezum Gegenstand von 
„Erklärungen machen könne.“ Die Majorität des preußischen Abgeordne- 
tenhauses setzte der Erklärung der Regierung einen sehr entschiedenen Be- 
schluß gegen die weitere Giltigkeit des Londoner Vertrags und für die 
Anerkennung des Augustenburgers entgegen und selbst im österreichischen 
Reichstage erklärten sich mehrere der hervorragendsten deutschen Abgeord- 
neten unumwunden für nicht befriedigt durch die Antwort des Ministers 
und durch die ganze deutsche Politik der Regierung. Weder die eine noch 
die andere der beiden Regierungen ließ sich dadurch beirren. Der Druck, den 
sie gemeinsam auf die kleineren und kleinsten deulschen Regierungen aus- 
geübt, that seine Wirkung, zumal außer Mecklenburg auch Hannover und 
Kurhessen auf ihre Seite traten und am 7. December wurde die Occu- 
pation Holsteins mit 8 gegen 7 Stimmen von der Bundesversamm- 
lung verworfen und die Execution beschlossen mit dem theils bedeutungs- 
losen, theils bedenklichen Zusatze, daß durch die Ausführung der ins Auge 
gefaßten Maßregeln den vom deutschen Bunde „innerhalb seiner Competenz“ 
zu fassenden Entschließungen in der Erbfolgefrage „nicht präjudicirt“ werden 
solle. Der erste Schritt in der schleswig-holstein'schen Frage war damit 
gethan und zwar zum Nachtheil des nationalen Interesses, die Schuld 
aber mußte nicht sowohl der Uebermacht der deutschen Großmächte als 
der eigenen Uneinigkeit und Schwäche der Regierungen der Mittel= und 
Kleinstaaten Deutschlands selber zugemessen werden. 
« Die Nation fühlte es und die Bewegung erhielt dadurch zunächst 
nur einen neuen Impuls. War sie im allerersten Anfange sich selbst hie 
und da noch etwas unklar gewesen, waren hie und da noch unreife Pläne 
daran geknüpft worden, so hatte sich die Bewegung doch sehr bald selbst 
geläutert und war sich ihres Zieles vollkommen bewußt geworden. Und da 
alle Kreise der Nation von ihr ergriffen worden waren und sich mit gleichem 
Eifer an derselben betheiligten, stellte sich mit der wachsenden Energie 
auch der Entschluß fest, kein legales Mittel unbenützt zu lassen, um der 
Nation zu ihrem Rechte zu verhelfen, aber zugleich auch streng innerhalb 
der gesetzlichen Bahnen zu bleiben. Wo die Kammern schon versammelt 
waren, wie in Sachsen und Hessen-Darmstadt, oder wo sie bald darauf zu- 
gammen traten, wie in Württemberg und Baden sprachen sie sich einstim- 
. mig und zwar nicht bloß die zweiten, sondern auch die ersten Kammern
	        
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