Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1863. 421
im Sinne der nationalen Forderungen aus, in andern Staaten wurde Deutsch
auf eine außerordentliche Einberusung der Landtage gedrungen, in Bayern, and.
dessen König Max um seiner angegriffenen Gesundheit willen in Italien
weilte, gingen die beiden Gemeindecollegien der Residenz so weit, den
König telegraphisch um die Rückkehr in die Mitte seines treuen Volkes
zu ersuchen und erhielten alsbald die bejahende Zusage, während zu der- 1
selben Zeit sortwährend in jeder größeren und kleineren Stadt, ja fast
in jedem Städtchen Volksversammlungen abgehalten und Geldsammlungen
veranstaltet wurden, die im ersten Augenblicke einer wahrhaft großartigen
Opferwilligkeit aller Stände ohne Ausnahme zu begegnen schienen. Selbst
die bisherigen tiefen Parteidifferenzen traten für den Moment in den
Hintergrund. Umsonst war es bisher wiederholt versucht worden, die
Führer der sog. großdeutschen und der sog. kleindeutschen Partei zu einem
unbefangenen Meinungsaustausch zusammen zu bringen. Jetzt gelang es
ohne Schwierigkeit. Am 6. December traten die anerkanntesten Führer
der beiden Parteien in Nürnberg zusammen und beschlossen einhellig, auf
den 21. gl. M. alle derzeitigen Mitglieder sämmtlicher deutschen Stände-
versammlungen zu einer großen Versammlung nach Frankfurt einzuladen,
um sich für die Erbfolgeberechtigung des Herzogs Friedrich, als dem Kern-
punkt der ganzen Frage, wenn sie im nationalen Interesse gelöst werden
sollte, „auszusprechen“ und über die zur entschiedenen und raschen Durch-
führung der Rechte der Herzogthümer erforderlichen gesetzlichen „Mittel zu
beschließen.“ Nach allen, was in den letzten Jahren vorausgegangen war,
erschien dieses Resultat der Zusammenkunft als ein bedeutsames Ereigniß
und die Nation war berechtigt, daran große Hoffnungen zu knüpfen.
Obwohl sie von dem Gefühl durchdrungen und getragen war, daß die
Lösung der schleswig-holsteinischen Frage über ihre ganze zukünftige Ent-
wickelung, auch darüber entscheiden werde, was sie, wenn auch auf ver-
schiedenen Wegen und unter oft leidenschaftlichen und bitteren Parteikämpfen,
doch mit allen Kräften anstrebte, eine Bundesverfassung, die Deutschlands
Einheit und Deutschlands Macht in Europa zur Geltung brächte, so
schienen doch beide großen Parteien bereit, ihre bisherigen Differenzen,
ihre speziellen Zielpunkte vorerst ganz bei Seite zu legen und gemeinsam
ihre Kräfte ungeschwächt und ungetheilt der nächsten Aufgabe allein zuzu-
wenden. Noch bevor die Versammlung statt fand, war der König Mar
von Bayern, das als der größte der Mittelstaaten den Beruf zu haben
schien, an die Spitze der nationalen Bewegung zu treten, zumal es König-
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