Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

44. Deutschland. 
26. Juni. (Lippe). Die Regierung verbietet die Abhaltung einer 
Volksversammlung zu Besprechung kirchlicher Angelegenheiten. 
29. „ (Hessen-Darmstadt). Die l. Kammer beschließt mit großer 
Mehrheit dem Beschlusse der II. Kammer für Einführung der Sy- 
nodal= und Presbyterialverfassung nicht beizutreten, weil die Stände 
in Fragen der innern Kirchenverfassung nicht zu irgend welcher 
Aeußerung zuständig seien. " 
30.  „ (Kurhessen). Der Kurfürst genehmigt das Finanzgesetz nach 
den Beschlüssen der Ständeversammlung. Damit ist die 13jährige 
Budgetlosigkeit des Landes beendigt. 
1. Juli. (Hessen-Darmstadt). Die ll. Kammer erklärt sich mit 
allen gegen eine Stimme für unbedingten Beitritt zum franz.- 
preuß. Handelsvertrage und wünscht erst nach erfolgtem Beitritt 
Verhandlungen über Modifikation des Art. 31 desselben. 
2—4. Juli. (Bayern). Adreßdebatte der Abg.-Kammer. Die nach 
dem Antrage der Commission beschlossen Adresse lautet: 
    „  . . . Dankbar erkennt dieselbe in der durch die Lage der Gesetzgebung 
wie durch den Umschwung der politischen Verhältnisse veranlaßten, von Seite 
der Staatsregierung in keiner Weise beengten Neuwahl der Kammer die Ab- 
sicht Ew. k. Maj., der Stimme Ihres Volkes im Geiste der Verfassung Ge- 
legenheit zur Geltendmachung darzubieten. Freudig begrüßt die Kammer der 
Abgeordneten die Versicherung Ew. k. Maj., daß das Scheitern des Antrages, 
welchen Allerhöchstdieselben im Vereine mit mehreren deutschen Regierungen 
zum Zwecke der Förderung gemeinsamer Gesetzgebung, sowie zur Anbahnung einer 
Reform der Bundesverfassung hatten stellen lassen, keinen Stillstand 
in den Unterhandlungen zur Herbeiführung einer, den wahren Bedürfnissen 
Deutschlands entsprechenden Bundesreform nach sich ziehen solle, sondern daß 
Ew. k. Maj. auch ferner in jeder geeigneten Weise hiezu kräftig mitzuwirken 
bereit seien. Die bestehenden Verhältnisse Deutschlands, wie solche aus dem 
Verlaufe einer vielhundertjährigen Geschichte hervorgegangen sind, bedingen 
die föderative Form der Bundesverfassung. — Eine die Mög- 
lichkeit raschen Entschlusses und thatkräftigen Handelns in sich vereinende Voll- 
zugsgewalt und eine Volksvertretung, ausgestattet mit ausreichenden Befug- 
nissen und getragen von der öffentlichen Meinung ganz Deutschlands, werden 
es vermögen, dem Bedürfnisse Aller nach Einigung, sowie den berechtigten 
Ansprüchen der Einzelnstaaten auf Selbständigkeit gerecht zu werden. Die 
Machtstellung und Geltung der deutschen Großstaaten wird dann zum Heile 
des gesammten Vaterlandes dienen und eine kräftige Bürgschaft geschaffen 
werden für wirksamen Schutz nach Außen und segensreiche Entwickelung der 
geistigen und materiellen Kräfte im Innern. Die Kammer der Abgeordneten 
theilt mit Ew. k. Maj. Regierung die Ueberzeugung, daß der von der kgl. 
preußischen Regierung mit Frankreich abgeschlossene Handelsvertrag in 
seiner gegenwärtigen Fassung in keiner Weise annehmbar erscheint, und er 
wird dies namentlich so lange bleiben, als derselbe Bestimmungen enthält, 
die jene Hoffnungen, welche aus eingegangenen Verpflichtungen gegen ein 
Brudervolk erwachsen sind, für alle Zukunft zerstören. Die Kammer der Ab- 
geordneten gibt sich aber auch gerne der von Ew. k. Maj. ausgesprochenen 
Hoffnung hin, daß der, vorzugsweise durch Bayerns Mitwirkung gegründete 
segensreiche Zollverein erhalten bleiben werde, und glaubt, daß die Be- 
sorgniß einer Gefährdung seines Bestandes in dem Maße schwinden wird, 
als die Verhandlungen darthun werden, daß die bayerische Regierung mit 

	        
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