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Frankfurt am Main. Art. 6. Allgemeiner Grundsatz, betr. die
Befugnisse des Directoriums und Bundesraths. Die voll-
ziehende Gewalt des Bundes wird durch das Directorium ausgeübt. Das
Directorium kann sich bei Ausübung dieser Gewalt des Beiraths des Bundes-
raths bedienen, ist aber an dessen Beschlüsse nur in den Fällen gebunden, für
welche die nachfolgenden Artikel dieß ausdrücklich vorschreiben. In den An-
gelegenheiten der Bundesgesetzgebung vertritt das Dirxectorium die Gesammt-
heit der Bundesregierungen auf Grund der Beschlüsse des Bundesraths, be-
ziehungsweise der Fürstenversammlung. Art. 7. Auswärtige Verhält-
nisse. Die völkerrechtliche Vertretung des Bundes in seiner Eigenschaft als
Gesammtmacht steht dem Directorium zu. Der präsidirende Directorialbevoll=
mächtigte nimmt die Beglaubigungs= und Abberufungsschreiben der fremden
diplomatischen Agenten entgegen. Er vermittelt den schriftlichen und münd-
lichen Verkehr mit denselben auf Grund der Beschlüsse des Directoriums und
in dessen Namen. Das Directorium hat das Recht zum Zweck der Unter-
handlung über Gegenstände der Bundesthätigkeit diplomatische Agenten jedes
Ranges bei auswärtigen Staaten zu beglaubigen. Die Beglaubigungs= und
Abberufungsschreiben dieser Agenten, sowie die ihnen zugehenden Instructionen
werden von dem präsidirenden Directorialbevollmächtigten im Namen und
Auftrag des Directoriums vollzogen. Verträge mit auswärtigen Staaten
über Gegenstände der Bundesthätigkeit können von dem Directorium nur mit
Zustimmung der Fürstenversemmlung, oder, wenn diese nicht vereinigt ist,
mit Zustimmung des Bundesraths ratificirt werden. Sofern solche Verträge
den Bereich der Bundesgesetzzgebung berühren, kann deren Ratification nur
mit Vorbehalt der Zustimmung der Versammlung der Bundesabgeordneten
erfolgen. Art. 8. Krieg und Frieden. Dem Directorium liegt die Sorge
für die äußere Sicherheit Deutschlands ob. Ergibt sich die Gefahr eines feind-
lichen Angriffs auf den Bund oder einen einzelnen Theil des Bundesgebiets,
oder wird das europäische Gleichgewicht in einer für die Sicherheit des Bun-
des bedrohlichen Weise gefährdet, so hat das Directorium alle durch die Um-
stände erforderten militärischen Vorsichts= und Vorbereitungsmaßregeln anzu-
ordnen. Es übt zu diesem Zweck sämmtliche nach der Bundeskriegsver-
fassung dem Bund zustehende Befugnisse aus. Insbesondere kommt es ihm
zu, die Kriegsbereitschaft und Mobilmachung des Bundesheeres oder einzel-
ner Contingente desselben zu beschließen, für die rechtzeitige Instandsetzung
der Bundesfestungen zu sorgen, den Bundesfeldherrn zu ernennen, die Bil-
dung des Hauptquartiers und der Heeresabtheilungen zu veranlassen, eine
eigene Kriegskasse des Bundes zu errichten. Zu einer förmlichen Kriegs-
erklärung des Bundes ist ein im Bundesrath mit zwei Drittheilen der Stim-
men gefaßter Beschluß erforderlich. Ergibt sich die Gefahr eines Kriegs
zwischen einem Bundesstaat, welcher zugleich außerhalb des Bundesgebiets
Besitzungen hat, und einer auswärtigen Macht, so hat das Directorium den
Beschluß des Bundesraths, darüber ob der Bund sich am Krieg betheiligen
wolle, zu veranlassen. Die Entscheidung hierüber erfolgt mit einfacher Stim-
menmehrheit. Wird das Bundesgebiet durch feindliche Streitkräfte ange-
griffen, so tritt der Stand des Bundeskriegs von selbst ein. Das Directo-
rium hat das Recht, Friedensunterhandlungen einzuleiten, und zu diesem
Zweck eigene Bevollmächtigte zu ernennen und mit Instructionen zu ver-
sehen. Es hat jedoch über die Bedingungen des Friedens die Ansicht des
Bundesraths zu vernehmen. Die Annahme und Bestätigung des Friedens-
vertrags kann nur auf Grund eines mit einer Stimmenmehrheit von zwei
Drittheilen gefaßten Beschlusses des Bundesraths geschehen. In dem Fall
des Art. 45 der Wiener Schlußakte hat das Directorium die zur Behaup-
tung der Neutralität des Bundes erforderlichen Maßregeln zu beschließen.
In Bezug auf Streitigkeiten einzelner deutscher Staaten mit auswärtigen
Staaten hat das Directorium die durch die Art. 36 und 37 der Wiener