Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

Deutschland.  57 
Schlußacte der Bundesversammlung zugewiesenen Befugnisse auszuüben. 
Art. 9. Innere Sicherheit. Die Sorge für die Aufrechthaltung der 
öffentlichen Ordnung und der Gesetzlichkeit in den einzelnen Bundesstaaten 
liegt zunächst den betreffenden Regierungen ob. Das Directorium hat jedoch 
auch seinerseits darüber zu wachen, daß der innere Friede Deutschlands nicht 
gefährdet werde. Sind Ruhestörungen zu besorgen, so ist es berufen, auf 
deren Verhütung hinzuwirken. Sind Unruhen wirklich ausgebrochen, so hat 
es die zur Wiederherstellung der Herrschaft der Gesetze erforderlichen Maß- 
regeln zu ergreifen, wenn die betheiligte Regierung dieß beantragt, oder wenn 
sie der nöthigen Mittel zur Bewältigung der Unruhen entbehrt, oder wenn 
die Unruhen sich über mehrere Bundesstaaten erstrecken. Art. 10. Friede 
und Eintracht zwischen den Bundesgliedern. Das Directorium 
hat für die Erhaltung des Friedens und der Eintracht unter den Bundes- 
gliedern Sorge zu tragen. Selbsthilfe zwischen Bundesgliedern ist untersagt, 
und jedem Versuche zu einer solchen hat das Directorium Einhalt zu thun. 
Bei den Streitigkeiten aller Art zwischen Bundesstaaten hat es seine Ver- 
mittlung eintreten zu lassen, und falls der Vergleichsversuch erfolglos ist, die 
Verweisung an das Bundesgericht zu beschließen. Art. 11. Bundesgesetz- 
gebung. Das Directorium übt auf Grund der Beschlüsse des Bundesraths 
Namens der deutschen Regierungen das Recht des Vorschlags in Angelegen- 
heiten der Bundesgesetzgebung aus. (Art. 20.) In gleicher Weise seh dem- 
selben die Initiative auch in denjenigen Angelegenheiten zu, in welchen die 
Erlassung eines gemeinsamen Gesetzes oder die Gründung einer gemeinsamen 
Einrichtung von der freien Zustimmung der einzelnen Staaten abhängt, die 
Wirksamkeit des Bundes gegenüber diesen letzteren sich somit nur als ver- 
mittelnde darstellt. (Art. 21.) Der Bundesrath hat in beiden Fällen die in 
die Versammlung der Bundesabgeordneten einzubringenden Vorlagen vorzu- 
bereiten. Gesetzvorschläge, welche eine Abänderung der Bundesverfassung in 
sich schließen, oder auf Kosten des Bundes eine neue organische Einrichtung 
begründen sollen, oder der gesetzgebenden Gewalt des Bundes einen neuen 
seither der Gesetzgebung der Einzelstaaten angehörigen Gegenstand überweisen, 
können im Bundesrath nur mit einer Mehrheit von wenigstens 17 Stimmen 
genehmigt werden. Vorschläge, durch welche einzelnen Bundesgliedern beson- 
dere nicht in den gemeinsamen Verpflichtungen aller begriffene Leistungen 
oder Verwilligungen für den Bund angesonnen werden, bedürfen der freien 
Zustimmung aller betheiligten Regierungen. Ueber Religionsangelegenheiten 
findet kein Beschluß als mit allseitiger freier Zustimmung statt. Art. 12. 
Bundes-Executive. Das Directorium hat dafür zu sorgen, daß die 
Bundesgesetze, die Bundesbeschlüsse, die Erkenntnisse des Bundesgerichtes, die 
am Bunde vermittelten Vergleiche, die vom Bunde übernommenen Garantien 
durch die betheiligten Regierungen vollzogen werden. Ergeben sich hierbei 
Hindernisse irgend einer Art, so steht es dem Directorium zu, das Geschäft der 
Vollziehung unmittelbar von Bundeswegen in die Hand zu nehmen. Es 
kann zu diesem Zweck Commissäre ernennen und denselben, wenn näöthig, 
eine angemessene Truppenzahl zur Verfügung stellen. Art. 13. Militär- 
angelegenheiten. Dem Directorium liegt die Handhabung der Kriegs- 
verfassung des deutschen Bundes ob. Es führt die durch diese Verfassung 
dem Bund in Bezug auf das Bundesheer, die Bundesfestungen und die 
Küstenvertheidigung überwiesenen Geschäfte. Es hat sich der genauen und 
vollständigen Erfüllung der militärischen Bundesverpflichtungen in allen 
Bundesstaaten zu versichern, auch auf zweckmäßige Uebereinstimmung in der 
Organisation des Bundesheeres hinzuwirken. Es hat sein Augenmerk unaus- 
gesetzt dahin zu richten, daß das Heerwesen des Bundes, ohne unnöthige Be- 
lastung der Bevölkerungen, im Frieden gekräftigt, vervollkommnet und in 
einem allen Anforderungen an die Wehrkraft Deutschlands entsprechenden 
Stande erhalten werde. Werden zu diesem Zweck neue gesetzliche Bestim-
	        
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