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rechtskräftiger Erkenntnisse, über Auswanderungen, sowie über diejenigen Ge-
genstände von gemeinsamem Interesse, deren allgemeine Regelung etwa künf-
tig der gesetzgebenden Gewalt des Bundes durch verfassungsmäßige Beschlüsse
des Directoriums (Art. 11) und der Abgeordnetenrersammlung würde über-
tragen werden. Gesetzesvorschläge, welche eine Abänderung der Bundesver-
fassung in sich schließen, oder eine neue organische Einrichtung auf Kosten des
Bundes begründen sollen, oder der gesetzgebenden Gewalt des Bundes einen
neuen seither der Gesetzgebung der einzelnen Staaten angehörigen Gegenstand
überweisen, können in der Versammlung der Bundesabgeordneten nur mit
einer Mehrheit von wenigstens Vierfünfteln der Stimmen angenommen wer-
den. Wie das Directorium, so besitzt auch die Abgeordnetenversammlung das
Recht, Bundesgesetze in Vorschlag zu bringen. Art. 21. Berathende und
vermittelnde Befugniß der Versammlung. Die Versammlung der
Bundesabgeordneten ist gleich dem Directorium berechtigt, in Angelegenheiten,
welche dem Bereich der gesetzgebenden Gewalt. des Bundes nicht zugewiesen
sind, die Einführung gemeinsamer Gesetze oder Einrichtungen auf dem Wege
freier Vereinbarung in Antrag zu bringen. Um in den einzelnen Staaten
zur Ausführung gelangen zu können, bedürfen jedoch die in Angelegenheiten
solcher Art von der Abgeordnetenversammlung gefaßten Beschlüsse der Zu-
stimmung der betreffenden Regierungen und Vertretungen (Art. 25.) Art.
22. Recht der Vorstellung und der Beschwerde. In allen Ange-
legenheiten des Bundes steht der Versammlung der Bundesabgeordneten das
Recht der Vorstellung und der Beschwerde zu.
Abschnitt IV. Die Fürstenversammlung. Art. 23. Einrichtung
der Fürstenversammlung. In der Regel wird nach dem Schlusse der
ordentlichen oder außerordentlichen Sitzungen der Versammlung der Bundes-
abgeordneten eine Versammlung der souveränen Fürsten und der obersten
Magistrate der freien Städte Deutschlands sich vereinigen. Der Kaiser von
Oesterreich und der König von Preußen gemeinschaftlich erlassen die Einla-
dungen zur Fürstenversammlung. Die nicht persönlich erscheinenden Souve-
räne können sich durch einen Prinzen ihres Hauses als Alter Ego vertreten
lassen. Zwei Vertretern der deutschen Standesherren wird in der Fürsten-
versammlung ein Antheil an einer Curiatstimme (anstatt des erloschenen An-
theils der beiden Hohenzollern) zugestanden. Art. 24. Stimmordnung.
Die Verhandlungen der Fürstenversammlung tragen den Charakter freier Be-
rathung und Verständigung zwischen unabhängigen und gleichberechtigten Sou-
veränen an sich. Deutschlands Fürsten und freie Städte sind jedoch überein-
gekommen, die für die Beschlüsse des Bundesrathes geltende Stimmordnung
in der Art auch unter sich in Anwendung zu bringen, daß ein Beschluß der
Fürstenrersammlung nicht aufgehalten werden kann, wenn die bejahenden
Stimmen das im Bundesrathe je nach der Natur des Gegenstandes vorge-
schriebene Stimmverhältniß erreichen. Art. 25. Gegenstände der Be-
schlüsse der Fürstenversammlung. Die Fürstenversammlung nimmt
die ihr durch das Directorium unterlegten Ergebnisse der Verhandlungen der
Abgeordnetenversammlung in Erwägung. Sie faßt die endgültigen Beschlüsse
über diejenigen Anträge der Versammlung der Bundesabgeordneten, welche
nicht der Zustimmung der Vertretungskörper in den einzelnen Staaten be-
dürfen. Sie läßt die mit ihrer Sanction versehenen Bundesgesetze sowohl
durch das Directerium als in den einzelnen Staaten verkündigen. Sie pflegt
Berathung wegen thunlichster Förderung der Ausführung über diejenigen An-
träge der Versammlung der Bundesabgeordneten, über welche der endgültige
Beschluß den verfassungsmäßigen Gewalten der einzelnen Staaten zusteht.
(Art. 11 und 21.) Sie prüft die Vorstellungen und Beschwerden der Ver-
sammlung der Abgeordneten in allgemeinen Bundesangelegenheiten, und läßt
dem Directorium die betreffenden Entschließungen zugehen. Sie kann alle
für das Gesammtvaterland wichtigen Angelegenheiten in den Kreis ihrer Be-