Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

 
70    Deutschland. 
sitz auf Preußen über. Mit dem Vorsitze sind keine anderen Befugnisse, als 
die zur formellen Leitung der Geschäfte erforderlichen, verbunden. Alle Be— 
schlüsse des Directoriums werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Bei 
Stimmengleichheit wird die Zahl der Bevölkerung (nach der Bundesmatrikel) 
der von jeder Stimme vertretenen Staaten, also 1) Oesterreichs, 2) Preußens, 
3) Bayerns, 4) der drei Königreiche, 5) der im Art. 3 unter 5 genannten 
Staaten, 6) der ebendaselbst unter 6 genannten Staaten, nach den sich gegen- 
überstehenden 3 Stimmen zusammengerechnet und solchergestalt die Mehrheit 
entschieden. Die Beschlüsse des Bundesraths werden mit einfacher Stimmen- 
mehrheit gefaßt, sofern nicht die nachfolgenden Artikel Ausnahmen von diesem 
Grundsatze anordnen. Die Directorialbevollmächtigten, sowie die Mitglieder 
des Bundesraths sind an die Weisungen ihrer Regierungen gebunden. Doch 
sind die Regierungen und vorzugsweise die Directorialhöfe verpflichtet, ihre 
Bevollmächtigten mit thunlichst ausgedehnten Instructionen zu versehen, da- 
mit der Gang der Bundesgeschäfte durch den Verkehr zwischen den Bevoll- 
mächtigten und ihren Vollmachtgebern so wenig wie möglich aufgehalten werde. 
Die Beziehungen zwischen dem Directorium und den einzelnen Regierungen 
werden durch deren Bevollmächtigte im Bundesrathe vermittelt. Die Militär- 
commission ist dem Directorium untergeordnet .. Directorium und Bundes- 
rath haben ihren Sitz zu Frankfurt a. M. Art. 6. In der Fassung des 
Entwurfs angenommen. Art. 8. Dem Directorium liegt die Sorge für die 
äußere Sicherheit Deutschlands ob. Bei Gefährdung der Sicherheit des 
Bundes, insbesondere wenn derselbe oder ein einzelner Theil des Bundes- 
gebiets mit einem feindlichen Angriffe bedroht ist, hat das Directorium alle 
durch die Umstände erforderten militärischen Vorsichts= und Vorbereitungs= 
maßregeln anzuordnen. Es übt zu diesem Zwecke sämmtliche nach der Bundes- 
kriegsverfassung dem Bunde zustehende Befugnisse aus. Insbesondere kommt 
es ihm zu, die Kriegsbereitschaft und Mobilmachung des Bundesheeres oder 
einzelner Contingente desselben zu beschließen, für die rechtzeitige Instand- 
setzung der Bundesfestungen zu sorgen, den Bundesfeldherrn zu ernennen, die 
Bildung des Hauptquartiers und der Heeresabtheilungen zu veranlassen, eine 
eigene Kriegskasse des Bundes zu errichten. Zu einer förmlichen Kriegs- 
erklärung des Bundes ist ein im Bundesrath mit zwei Drittheilen der Stim- 
men gefaßter Beschluß erforderlich. Ergibt sich die Gefahr eines Krieges 
zwischen einem Bundesstaate, welcher zugleich außerhalb des Bundesgebiets 
Besitzungen hat, und einer auswärtigen Macht, so hat das Directorium den 
Beschluß des Bundesraths darüber, ob der Bund sich am Kriege betheiligen. 
wolle, zu veranlassen. Die Entscheidung erfolgt ebenfalls hierüber mit zwei 
Drittheilen der Stimmen. Wird das Bundesgebiet durch feindliche Streit- 
kräfte angegriffen, so tritt der Stand des Bundeskrieges von selbst ein. Das 
Directorium hat das Recht, Friedensunterhandlungen einzuleiten und zu die- 
sem Zwecke eigene Bevollmächtigte zu ernennen und mit Instructionen zu 
versehen. Es hat jedoch über die Bedingungen des Friedens die Ansicht des 
Bundesraths zu vernehmen. Die Annahme und Bestätigung des Friedens- 
vertrags kann nur auf Grund eines mit einer Stimmenmehrheit von zwei 
Drittheilen gefaßten Beschlusses des Bundesraths geschehen. In dem Falle 
des Art. 45 der Wiener Schlußacte hat das Directorium die zur Behaup- 
tung der Neutralität des Bundes erforderlichen Maßregeln zu beschließen. 
In Bezug auf Streitigkeiten einzelner deutschen Staaten mit auswärtigen 
Staaten hat das Directorium die durch die Art. 36 und 37 der Wiener 
Schlußacte der Bundesversammlung zugewiesenen Befugnisse auszuüben. 
Art. 9. Die Sorge für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung und 
der Gesetzlichkeit in den einzelnen Bundesstaaten liegt zunächst den betrefsen- 
den Regierungen ob. Das Directorium hat jedoch auch seinerseits darüber 
zu wachen, daß der innere Friede Deutschlands nicht gefährdet werde. Treten 
Fälle von Ruhestörungen ein, so hat das Directorium diejenigen Befugnisse
	        
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