Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

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Deutschland. 
Verhandlungen der beiden Mächte unter einander und mit den Prätendenten 
die definitive Lösung der streitigen Fragen herbeizuführen, aber ablehnen 
muß, der deßfalls eingeleiteten Verhandlung Folge zu 
geben, so lange nicht der ihres Erachtens unberechtigten Fort- 
dauer des Executionsverfahrens ein Ziel gesetzt ist. Um dieses 
zu bewirken, hat die königliche Regierung die beiden Noten, welche sich der 
Gesandte beehrt, hoher Bundesversammlung hiermit vorzulegen, bei den 
königlichen Regierungen von Sachsen und Hannover übergeben lassen. Die 
königlich hannoverische Regierung hat in bewährter bundesfreundlicher 
Gesinnung sich zur Ausführung der in Artikel XllII der Executionsordnung 
vorgeschriebenen Maßnahmen bereit erklärt, die königl. sächsische Regierung 
dagegen ist hierauf nicht eingegangen. Unter diesen Umständen hat die königl. 
Regierung den gemeinschaftlichen Antrag mit der keiserl. österreichischen 
Regierung gestellt, um der hohen Bundesversammlung Gelegenheit zur Ver- 
hütung 'der Verwickelungen zu geben, welche aus der fortgesetzten 
Nichterfüllung der Ausführung des Artikels XIII der Executionsordnung sich 
ergeben könnten, und ersucht um schleunigste Erledigung dieses Antrages.“ 
Ein Antrag Bayerns, denjenigen von Oesterreich und Preußen an 
die Ausschüsse zu verweisen, erhält nicht die Mehrheit, vielmehr wird 
beschlossen, demnächst darüber abzustimmen. 
1. Dec. (Zollverein). Beginn der Unterhandlungen zwischen Preußen und 
 
 
 
 
 
Frankreich über die im Handelsvertrage anzubringenden Modificatienen. 
,, ,, (Hessen-Darmstadt). Die II. Kammer lehnt die unbedingte 
Annahme der Strafproceßordnung, wie dieselbe aus ihren Berathungen 
hervorgegangen, mit 31 gegen 15 Stimmen ab, und beschließt mit 
26 gegen 20 Stimmen, daß die jetzige Fassung aller einzelnen Artikel 
durch die I. Kammer als Bedingung ihrer Annahme zu betrachten sei. 
—  ,,  (Mecklenburg). Das Urtheil des Rostocker Magistrats bezüglich 
der Theilnehmer am Nat.-Verein wird durch Ministerialrescript kraft 
landesherrlicher Oberpolizeigewalt cassirt und ihm bei 1000 Thlrn. 
Strafe befohlen, ein neues Erkenntniß auf Grundlage des Ministerial- 
erlasses von 1859, durch welches der Nat.-Verein verboten wurde, 
auszufertigen. 
2.  ,,  (Sachsen). Die Flucht der Cassen nach Dresden, resp. Königs- 
stein wird wieder eingestellt. 
,,  ,,  (Kurhessen). Die Ständeversammlung vernimmt die Antwort 
des Kurfürsten vom 30. Nov. auf ihre Adresse v. 24. v. M. Der- 
selbe versucht es nicht einmal, die Klagen derselben über die traurigen 
Zustände des Landes nach allen Seiten der Gesetzgebung zu wider- 
legen, sondern weist sie einfach als Eingriff in die „unveräußerlichen 
Prärogative Unserer Krone und eine gesicherte Ordnung des Staats- 
lebens“ ab, indem der Kurfürst erklärt, daß er 
„die dermalige Zusammensetzung der Ständeversammlung, wie die Regierung 
bereits wiederholt zu erkennen gegeben, nicht als eine zum definitiven Abschluß 
gelangte betrachten kann und das Zustandekommen einer Vereinbarung 
hierüber vom Standpunkt Unserer Regierung aus als die unerläßliche und 
fundamentale Voraussetzung eines wirklichen und befriedigenden Abschlusses 
der Verfassungsfrage betrachtet werden und zugleich als der wesentlichste Schritt 
zu einer gedeihlichen, segensreichen Entwicklung der Verhältnisse des Landes 
auch in Hinsicht seiner materiellen Interessen betrachtet werden muß.“