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talien.
durch die französischen Truppen gestatten werden, ohne Beeinträchtigung der
Interessen, deren Wahrung Frankreich zur Aufgabe gehabt hat. Er fügt hin-
zu, die Ehre der französischen Regierung sei eingesetzt, die Besetzung so lange
fortdauern zu lassen, als die Sicherheit des heiligen Vaters nicht genügende
Bürgschaften erhalten haben wird. Doch macht Se. Excellenz mit Recht
darauf aufmerksam, daß meine früheren Depeschen keinerlei ausdrücklichen
Vorschlag enthalten, und er schließt mit der Versicherung, daß die französische
Regierung stets geneigt sein werde, die Mittheilung der Vorschläge anzu-
hören, welche nach seiner Meinung geeignet wären, die große Aufgabe der
Beziehungen des heiligen Stuhles zum übrigen Italien zu lösen.
„Ich habe mich beeilt, Hrn. v. Malaret für seine Mittheilung zu danken,
und ich benutze die Gegenwart des Marchese Pepoli in Paris, um ihn zu
bitten, seine Anstrengungen mit den Ihrigen zu vereinigen und mündlich die
Anträge zu vervollständigen, welche die Regierung des Königs der kaiserlichen
Regierung zukommen zu lassen wünscht. In meiner Depesche vom 9. Juli
1863 habe ich als Grundlage der zu erzielenden Verständigung die Anwen-
dung des Grundsatzes der Nichteinmischung auf das römische Gebiet wie auf
das übrige Italien bezeichnet. Die Aufrechthaltung der Nichteinmischung ist
in der That einer der politischen Grundsätze, welche Italien wie Frankreich
gemeinschaftlich sind; dieser Grundsatz kann um so besser zum Ausgangspunkte
dieser heiklichen Unterhandlungen gewählt werden, als einerseits der Kaiser
in seinem Briefe an Herrn Thouvenel, auf der andern Seite Graf Cavour
dessen Anwendbarkeit auf das römische Gebiet anerkannt haben. Indem wir
die Abberufung der französischen Truppen zum Hauptgegenstande des Ver-
gleiches machen, über welchen wir verhandeln, gehorchen wir keinerlei ehrgei-
zigen oder interessirten Rücksichten (préoccupations). Wie ich bei verschie-
denen Gelegenheiten zu erklären die Ehre gehabt. Italien sieht noch immer in
einer Uebereinstimmung mit dem heiligen Stuhl das beste Mittel, den Be-
strebungen der Nation zu genügen. Diese Uebereinstimmung, welche der hohe
Zweck der Politik des Kaisers gewesen ist und für welchen Frankreich kein
Opfer gescheut hat, sind wir entschlossen, zu verfolgen, und wir haben noch
nicht die Hoffnung aufgegeben, sie zu erreichen. Wir sind auch bereit, dem
heiligen Stuhle die nöthigen Bürgschaften zu gewähren, damit er sich in die
Bedingungen der Stille und Ruhe (calme et tranquillité) versetzt sehend,
welche für die Würde und Unabhängigkeit seiner Berathungen unerläßlich sind,
mit Hilfe der Zeit und der Umstände dieser Idee der Versöhnung zugäng-
licher werde, welche anzurufen wir niemals aufgehört haben.
„Diese Bürgschaften müssen meiner Meinung nach in der Verpflichtung
bestehen, welche die Regierung des Königs einzugehen bereit ist, das römische
Gebiet nicht anzugreifen, noch zu gestatten, daß es angegriffen werde, weder
durch eine regelmäßige, noch durch eine unregelmäßige Armee; außerdem in
dem Versprechen, keine Einsprüche zu erheben gegen die Bildung einer regel-
mäßigen Armee, unter der Bedingung jedoch, daß dieselbe von der römischen
Regierung zu einem ausschließlich defensiven Zwecke organisirt wird. Um
endlich noch besser darzuthun, daß eine direkte Uebereinstimmung mit dem
heiligen Stuhl in unseren Augen stets das beste Mittel zur Lösung der gegen-
wärtigen Schwierigkeiten ist, würde die italienische Regierung sich verpflichten,
sich wegen Uebernahme eines verhältnißmäßigen Antheiles der auf die dem
Königreiche Italien annectirten Provinzen kommenden Staatsschuld des ehe-
maligen Kirchenstaates zu verständigen (entrer en arrangement).
„Indem ich Ihnen diese summarischen Betrachtungen auseinandersetze,
spreche ich fast wörtlich den Inhalt der Artikel aus, deren Text Sie hier
beigeschlossen finden, und auf welche' Sie die Aufmerksamkeit Sr. Exc. des
kaistrlichrn Ministers der auswärtigen Angelegenheiten lenken wollen. Die
Vorschläge, welche sie enthalten, sind übrigens schon von Sr. Maj. dem Kaiser
und von dessen Regierung gekannt. Wie Sie wissen, bildeten dieselben bereits