Full text: Europäischer Geschichtskalender. Fünfter Jahrgang. 1864. (5)

294 Unßland. 
21. März. Der Czar macht der Kaiserin der Franzosen einen Besuch in 
Schwalbach. 
23. „ (Polen). Langes Schreiben des Fürsten Ladislaus Czartoryski 
an den Fürsten Adam Sapieha, der gewissermaßen den Abschied des 
Hauptes der aristocratischen Partei von der revolutionären Action in 
Polen bildet. 
12. Oct. (Polen). Kais. Decret bezüglich der Adelsrechte der polnischen 
Schlachta. « 
13. „ (Polen). Von heute an erscheint in Warschau ein amtliches 
Journal in russischer Sprache. 
21. „ Der Kaiser begleitet die Kaiserin nach Nizza. 
28. „ Der Kaiser empfängt in Nizza den Besuch des Kaisers Napoleen. 
Bloßer Höflichkeitsbesuch. Der Kaiser kehrt darauf unmittelbar nach 
Rußland zurück. 
— „„ (Litthauen). Entdeckung einer angeblichen Verschwörung unter 
den im Kreise Mohilew am Dniester eingesessenen polnischen Guts- 
besitzern. 
8. Nov. (Polen). Ein kais. Ukas verfügt die Aufhebung der römisch- 
katholischen Mönchs= und Nonnenklöster im Königreich Polen, 
in welchen sich nicht die den canonischen Vorschriften entsprechende Anzahl, 
nämlich weniger als acht, stabil wohnende Mitglieder befinden. Unabhängig 
von diesem Grundsatz werden auch alle jene Klöster aufgehoben, welche einen 
osfenen und erwiesenen Antheil am Aufsstand genommen haben. Alle zu den 
Klöstern gehörigen Kirchen gehen unter die Jurisdiction der Diöcesanbehörde 
über. Solche, die eine Pfarrei haben, bleiben Pfarrkirchen. Die bei den 
Klöstern bestandenen Volksschulen verbleiben in denselben Localitäten. Die 
Seminarien des Ordens der Missionäre stehen künftig unter der Diöcesan- 
behörde. Die Spitäler, Rettungshäuser und wohlthätigen Anstalten, welche 
sich bei den aufgehobenen Klöstern befanden, gehen sammt den Gebäuden un- 
ter die Administration der Regierungscommission des Innern und des Cultus 
über. Die noch aufrecht erhaltenen Klöster theilen sich in systemmäßige 
und nichtsystemmäßige. Letztere werden ebenfalls aufgehoben, sobald sie 
die erforderliche Anzahl von Mitgliedern nicht mehr besitzen. Um die Or- 
densgeistlichen zu ihren eigentlichen Obliegenheiten zurückzuführen, serner um 
die Existenz der verbliebenen Klöster, sowie der Curatgeistlichkeit sicherzustellen, 
wird das Vermögen aller Klöster ohne Ausnahme künftig vom Staat ver- 
waltet werden. Die Einkünfte dürfen jedoch nur zum besten der römisch- 
katholischen Geistlichkeit und zur Erhaltung und Verbesserung #der Volksschulen 
verwendet werden. Als systemmäßige Klöster werden in Polen urch bestehen 
25 Mönchsklöster und 10 Nonnenklöster; die Gesammtzahl der Mönche wird 
auf 360, für jedes Kloster 14 und für Czenstochau- (Wallfahrtsort) nuf 24 
Mitglieder, die Gesammtzahl der Nonnen auf 140, in jedem Kloster zu 10 
bestimmt. Alle Mönche und Nonnen der aufgehobenen Klöster, welche das 
Ordensgelübde abgelegt haben, werden in den verbleibenden Klöstern unter- 
nebrache Zur Verpflegung jedes Ordensmitglieds werden aus dem Staats- 
chatz jährlich 40 Rubel verabfolgt. Gleichzeitig mit dem Ukas ertheilt der 
Kaiser dem Organisirungscomité für Polen den Befehl, Vorschläge zur Ver- 
beslerung der Lage der katholischen Curatgeistlichkeit in Polen zu er- 
en.