Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechster Jahrgang. 1865. (6)

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Deutschland. 
— April. (Preußen) läßt einen neuen Vorschlag zur Verständigung über 
Schleswig-Holstein an Oesterreich gelangen: 
es (Preußen) wolle den Versuch machen, sich mit einem der Prätendenten 
direct zu verständigen und weist auf den Großherzog von Olden- 
burg als denjenigen hin, mit dem eine Verständigung sicherer 
zu erzielen sei, als mit dem Erbprinzen von Augustenburg, da 
er als souveräner Fürst und Bundesmitglied unanfechtbare Verträge abschlie- 
ßen könne und seine Zusagen bessere Bürgschaften für ihre Erfüllung darbieten 
würden. Vorausgesetzt, werde, daß Oesterreich diesen Vereinbarungen, als zwischen 
souveränen Fürsten abgeschlossen, ohne Weiteres zustimmen werde. 
Oesterreich geht darauf nicht ein, sondern macht auch für diesen 
Fall die vorherige Prüfung der Vereinbarung zur Bedingung seiner 
Entschließung. 
3.— 17. April. (Schleswig-Holstein). Differenz zwischen dem preuß. 
 
 
 
 
und dem österr. Civilcommissär über die Verlegung der preuß. Ma- 
rinestation nach Kiel. 
Herr v. Zedlitz richtet unter dem 3. April einseitig ein Rescript an die 
schlesw.-holst. Landesregierung: „Mittelst allerhöchster Ordre vom 24. v. M. 
hat des Königs Majestät zu bestimmen geruht, daß das Ostseegeschwader auf- 
zulösen und die Marinestation der Ostsee, unter Ernennung des Contreadmi- 
rals Jachmann zum Chef derselben, von Danzig nach Kiel zu verlegen, sowie 
daß die außer Dienst zu stellenden Corvetten und Segelfregatten in der Kieler 
Bucht, soweit es die Räumlichkeiten daselbst gestatten, zu stationiren seien. 
Der Landesregierung unterlasse ich nicht hievon ergebenst Mittheilung zu 
machen mit dem Bemerken, daß unter dem Vorsitze des Contreadmirals Jach- 
mann an Ort und Stelle commissarische Ermittelungen von Räumlichkeiten 
zur Unterbringung des Personals, des Inventars, der Munition, der Beklei- 
dungsvorräthe u. s. w. in Friedrichsort oder bei Holtenau stattfinden werden, 
und mit dem ergebensten Ersuchen, Ihrerseits die Ausführung dieser Ange- 
legenheit nach Möglichkeit fördernd zu unterstützen“". Die Landesregie- 
rung theilt dieses Rescript dem Magistrat von Kiel mit, mit dem Ersuchen, 
„den Wünschen der k. Marinebehörden möglichst entgegen zu kommen“. Hr. v. 
Halbhuber richtet dagegen unter dem 13. April an die Landesregierung 
den Erlaß;: „.. Nachdem ich meine Zustimmung zu irgend welchen auf die 
Verlegung der gedachten k. preuß. Marinestation bezüglichen amtlichen Einlei- 
tungen verweigert habe und kraft des Mitbesitzrechtes Oesterreichs von dem 
k. preuß. Civilcommissär ohne meine Zustimmung keine die öffentlichen Ange- 
legenheiten der Herzogthümer betreffende Verfügung giltig erlassen werden 
kann, so muß ich die Landesregierung ersuchen, die Circularverfügung sofort 
zurückzunehmen und mich von dem Verfügten gefällig zu verständigen“. Unter 
dem 17. April zieht hierauf die Landesregierung ihren Auftrag an den 
Kieler Magistrat wieder förmlich zurück. 
3. ,, (Bayern). II. Kammer: ein Theil der früheren Majorität 
constituirt sich mit Ausschluß ihrer bisherigen Führer als Centrums- 
partei und stellt ein Programm fest. 
4. ,, (Württemberg). II. Kammer: Debatte über den Fetzerschen 
Antrag auf Herstellung eines auf allgemeiner Wehrpflicht und Wehr- 
haftmachung des ganzen Volkes beruhenden Wehrsystems. 
Die Mehrheit der Commission trägt auf Tagesordnung an, da sie 
„1) den Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht auch unter dem bestehenden 
System und bei der Auswahl durch das Loos gewahrt findet und in diesem 
System kein Unrecht erblicken kann, 2) es als einen sehr großen Nachtheil