144 Preußen und der norddeutsche Bund.
Stimmen den Senat zu Unterhandlungen mit Preußen behufs Ein-
tritt in den Zollverein.
4. Sept. (Hamburg). Der Senat weigert sich entschieden, auf das von
der demokratischen Linken der Bürgerschaft betriebene Begehren einer
Revision der Verfassung, um dieselbe in Folge des norddeutschen
Bundes auf eine einfache Stadtverfassung herabzusetzen, einzugehen.
7. „ (Norddeutscher Bund). Circulardepesche des Grafen Bis-
marck über die Politik Preußens und die Haltung des norddeutschen
Bundes gegenüber Süddeutschland:
„Euer Exelenz. habe ich bereits die Aeußerungen mitgetheilt, welche uns sowohl
von kaiserlich österreichischer, wie von kaiserlich französischer Seite über die
Bedeutung und den Charakter der Salzburger Zusammenkunft zugekommen
sind, und welche wir nur mit Befriedigung haben entgegennehmen können.
Es war voraus zu sehen, daß es sehr schwer sein würde, die öffentliche
Meinung zu überzeugen, daß eine Thatsache, wie die Zusammenkunft der
beiden mächtigen Monarchen Angesichts der gegenwärtigen Lage der euro-
päischen Politik, nicht eine tiefer liegende Bedentung und weiter gehende
Folgen habe, und die Anfangs mit einer gewissen Beflissenheit und dem
Anscheine der Authenticität verbreiteten Nachrichten über beabsichtigte oder
gefaßte Entschließungen auf dem politischen Gebiete waren nicht geeignet, die
Zweifel über den Zweck der Zusammenkunft zu heben. Es gereicht uns um
so mehr zur Genugthuung, aus den österreichischen und französischen Erklär-
ungen die Versicherung zu entnehmen, daß der Besuch des Kaisers Napoleons
lediglich aus einem Gefühle hervorgegangen ist, welches wir ehren und mit
dem wir sympathisiren, und daß der Zusammenkunft beider Herrscher der
Charakter dieses Motivs gewahrt geblieben ist. Danach sind innere Angelegen-
heiten Deutschlands nicht in der Weise, wie die ersten Nachrichten es voraus-
setzen ließen, Gegenstand der Besprechungen in Salzburg gewesen. Es ist
dies um so erfreulicher, da die Aufnahme, welche jene Nachrichten und Vor-
aussetzungen in ganz Deutschland fanden, von Neuem gezeigt hat, wie wenig
das deutsche Nationalgefühl den Gedanken erträgt, die Entwicklung der An-
gelegenheiten der deutschen Nation unter die Vormundschaft fremder Einmischung
gestellt, oder nach anderen Rücksichten geleitet zu sehen, als nach den durch
die nationalen Interessen Deutschlands gebotenen. Wir haben es uns von
Anfang an zur Aufgabe gemacht, den Strom der nationalen Entwicklung
Deutschlands in ein Bett zu leiten, in welchem er nicht zerstörend, sondern
befruchtend wirke. Wir haben Alles vermieden, was die nationale Bewegung
überstürzen könnte, und haben nicht aufzuregen, sondern zu beruhigen gesucht.
Dieses Bestreben wird uns, wie wir hoffen dürsen, gelingen, wenn auch von
auswärtigen Mächten mit gleicher Sorgfalt Alles vermieden wird, was bei
dem deutschen Volke eine Beunruhigung hinsichtlich fremder Planc, deren
Gegenstand es sein könnte, und in Folge dessen eine gerechte Erregung des
Gefühls nationaler Würde und Unabhängigkeit hervorrusen könnte. Wir
begrüßen daher die bestimmte Verneinung jeder auf eine Einmischung in
innere Angelegenheiten Deutschlands gerichteten Absicht im Interesse der
ruhigen Entwicklung unserer eigenen Angelegenheiten mit lebhafter Genug-
thuung. Die süddeutschen Regierungen selbst werden uns bezeugen, daß wir
uns jedes Versuches enthalten haben, einen moralischen Druck auf ihre Ent-
schließungen zu üben, und daß wir vielmehr auf die Handhabe, welche sich
uns zu diesem Zwecke in der Lage des Zollvereins bieten konnte, durch den
Vertrag vom 8. Juli dieses Jahres rückhaltlos verzichtet haben. Wir werden
dieser Haltung auch ferner treu bleiben. Der norddeutsche Bund wird jedem
Bedürsnisse der süddeutschen Regierungen nach Erweiterung und Befestigung