Die süddeutschen Staaten. 141
Die Regierung erleidet noch in zwei Punkten eine Niederlage. Erstens
werden die Controlversammlungen der Landwehr gestrichen, so daß der Re-
gierung die Möglichkeit genommen ist, die Landwehr in einem gewissen regel-
mäßigen Zusammenhang mit dem activen Heer zu erhalten; und ferner wird
die Einberufung der Ersatzreservisten, welche in Bayern, und Baden dem
Ministerium zusteht, von der Verabschiedung eines Gesetzes abhängig gemacht.
27. Jan. (Bayern). Der Reichsrath weicht endlich den wiederholten
Beschlüssen der II. Kammer und läßt im Gewerbegesetz die bisher
geforderte Concessionspflicht für den Handel mit Preßerzeugnissen
mit allen gegen 10 Stimmen fallen.
28.1. (Bayern). II. Kammer: Die Regierung legt einen Gesetzes-
entwurf bez. der Ausdehnung und Vervollständigung der bayrischen
Staatseisenbahnen vor.
Die Gesammtlänge der projectirten Bahnen beträgt 290 Stunden mit
einem Gesammtaufwand von 146 Mill. Gulden. Für die Bahnen, die zu-
nächst in Angriff genommen werden sollen, wären 60 Mill. Gulden erforderlich.
29.1. (Württemberg). II. Kammer: Die Commission bringt bez.
der Präsenzzeit im Frieden den Antrag ein, daß
„Niemand, mit Ausnahme der reitenden Waffen, länger als zwei Jahre
präsent gehalten werden darf. Den Reitern wird der doppelte Betrag der
Verlängerung ihrer Präsenz im activen Herr an der Dienstzeit in der Land-
wehr abgerechnet.“
Der Antrag, obgleich von dem früher verworfenen kaum ab-
weichend, erhält nunmehr 50 gegen 40 Stimmen. Das ganze Gesetz
wird mit 50 gegen 40 Stimmen angenommen.
Vor der Schlußabstimmung mahnt Mohl die Kammer noch einmal in
der eilften Stunde von der Annahme des Gesetzes ab. „Sie würden es noch
auf dem Todtenbette bereuen!“ Ebenso beschwört Hopf die Kammer „beim
Blut der Söhne, bei den Thränen der Mütter, beim Fluche der Väter“ dieses
fluchwürdigste, verderblichste, grausamste aller Gesetze abzulehnen. Unter den
40 Verwerfenden sind 3 Ritter, 14 Demokraten, 11 Ultramontane, 9 länd-
liche Abgeordnete und die Abgeordneten Mohl, Deffner und Reibel. Die 50
sind folgendermaßen zusammengesetzt: 10 Ritter, 6 Prälaten, 11 Nationale
und 23 Anhänger der Regierung.
31.1. (Württemberg). Die deutsche Partei erläßt ihren Aufruf für
die Parlamentswahlen und spricht sich darin gleich der nationalen
Partei in Baden dafür aus, daß die Zollvereinsverträge zu unkünd-
baren und die Competenz des Zollvereins und daher des Zollparla-
ments erweitert werde.
31.1. (Baden). Die II. Kammer beschließt, da ihr bis jetzt eine
Initiative der Gesetzgebung abgeht, eine Adresse an den Großherzog
mit der Bitte, den Ständen in thunlichster Bälde ein Gesetz vor-
legen zu lassen, wodurch die Rechtsverhältnisse der Stiftungen voll-
ständig geregelt und der Gesichtspunkt festgehalten werde, daß die
Verwaltung des weltlichen von der des kirchlichen Stiftungsvermö-
gens getrennt und die erstere den betheiligten Gemeinden übertragen
werde.