20 Allgemeine Chronik.
26. Mai. (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Der ultramontane Unterstaatssecretär
v. Meysenbug wird in außerordentlicher Mission nach Rom gesandt.
27.5. (Verein. Staaten). Der Kriegsminister Stanton tritt nunmehr in
Folge der Freisprechung des Präsidenten freiwillig zurück und wird durch
Gen. Shofield ersetzt, den der Senat bestätigt.
28.5. (Deutschland — Nordd. Bund). Die beiden Kammern Sachsens
können sich über die von der Regierung beantragte Aufhebung nicht verstän-
digen: die II. Kammer ist dafür, die I. dagegen. Da aber die Mehrheit der
I. Kammer gegenüber der Uebereinstimmung der Regierung und der II. Kammer
keine Zweidrittelsmehrheit ist, so wird die Aushebung verfassungsmäßig Gesetz.
28.5. (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Der Ministerrath beschließt, die Ver-
mögenssteuer fallen zu lassen, aber die Verwerfung des Staatsbankerotts zur
Cabinetsfrage zu machen.
1. Juni. (Deutschland — Württemberg). Agitation für die Landtagswahlen:
die Regierung und die demokratische Partei gehen wieder auseinander.
1.6. (Rußland). Die katholischen Pfarrländereien werden auch in den sog.
westlichen Gouvernements eingezogen und wird der Clerus wie in Polen auf
festen Gehalt vom Staate gesetzt.
2.6. (England). Die Engländer räumen Abyssinien wieder.
2.6. (Holland). Bildung eines liberalen Ministeriums.
2.6. (Türkei — Aegypten). Der Verwaltungsrath der Suezkanal- Gesell-
schaft hofft das große Werk bis zum Oct. 1869 eröffnen zu können.
3.6. (Frankreich). In Folge des neuen Preßgesetzes erscheinen zahlreiche neue
Blätter, alle gegen die Regierung. Am kühnsten greift sie die „Lanterne“
Rocheforts an. ·
6.6. (Oesterreich - Ungarn: Oesterreich). Das Abg.-Haus verwirft den Antrag
der Majorität des Budgetausschusses auf eine Zinsenreduction der Staats-
schuld von 25 Proc. und beschließt eine Couponsteuer von 20 Proc.
7.6. (Türkei — Rumänien). Der Senat ertheilt endlich auch seinerseits
dem neuen Heeresgesetze seine Zustimmung.
8.6. (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Die Regierung sieht sich genöthigt,
der Agitation der Czechen in Prag durch Verbot von Volksversammlungen
entgegenzutreten.
8.6. (Italien). Die II. Kammer genehmigt die Erhöhung einer Reihe be-
stehender Steuern.
8.6. (Schweiz). Der Gr. Rath von Graubünden beschließt mit 40 gegen 28
Stimmen eine Revision der Verfassung.
9.6. (Italien). Die II. Kammer genehmigt eine Couponsteuer von 8 bis 9
Proc., ohne die auswärtigen Gläubiger davon, wie die Regierung wünschte,
auszunehmen.
9.6. (Belgien). Die Neuwahl der Hälfte der Kammer läßt das Verhältniß
der Parteien unverändert: die Liberalen haben eine Stimme gewonnen.
9.6. (Türkei — Rumänien). Die II. Kammer ertheilt dem von der Regie-
rung vorgeschlagenen System der rumänischen Eisenbahnen ihre Zustimmung.
10.6. (Deutschland — Nordd. Bund). Die Hansestädte verzichten auf ihre
bisherige particuläre Diplomatie.
10.6. (Türkei — Serbien). Fürst Michael wird im Park von Topschider bei
Belgrad ermordet. Die dadurch beabsichtigte Schilderhebung wird indeß ver-
eitelt und die Thäter fallen größtentheils den Behörden in die Hände.
13.6. (Türkei — Rumänien). Der Senat ertheilt dem Regiment Bratiano
ein Mißtrauens-, die II. Kammer ein Zutrauensvotum. Die Regierung löst
den Senat auf und ordnet Neuwahlen an.
15.6. (Deutschland — Nordd. Bund). Der Reichstag geht, um die Sistirung
der großen Marinearbeiten zu beheben, mit 151 gegen 41 Stimmen einen
Compromiß mit der Regierung ein, wonach die Verwaltung der Marine-