Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunter Jahrgang. 1868. (9)

330 Spanlen. 
3. Oct. Die Königin Isabella erläßt von Pau aus einen Protest gegen 
die Umwälzung und wahrt ihre Rechte: 
„An die Spanier! Eine Verschwbrung, von welcher beinahe kein anderes 
Volk Europa's ein Beispiel aufzuweisen, hat Spanien in die Schrecken der 
Anarchie gestürzt. Land= und Seetrupxpen, für deren Unterhalt die Nation 
in hochherziger Weise Sorge trug, und deren Dienstleistungen ich immer mit 
Freuden belohnt habe, wenden sich, indem sie ruhmreiche Ueberlieferungen. in 
den Wind schlagen und dle heiligsten Eide brechen, gegen das Vaterland und 
bringen über dasselbe Tage der Trauer und der Verwüstung. Der Ruf der 
Rebellen, in der Bucht von Cadiz ausgestoßen und in einigen Provinzen von 
einem Theile des Heeres wiederholt, hallt in den Herzen der unermeßlichen 
Mehtheit der Spanier wie das Geräusch eines heranziehenden Sturmes wieder, 
4 der die Interessen der Religion, die Grundprincipien der Legi- 
timität und des Rechts, die Unabhängigkeit und die Ehre Spaniens in 
Gefahr bringt. Die bekagenswerthe Reihe von Abtrünnigkeiten, die Handlungen 
von unglaublicher Illoyalität, die während eines so kurzen Zeitraumes zu Tage 
getreten sind, verwunden in einem noch höhern Grad meinen Stolz als Spanierin, 
als sie meine Würde als Königin verletzen. Selbst die ärgsten Feinde der 
Autorität denken in ihren unseligen Träumereien nicht daran, daß die öfsent- 
liche Gewalt, die einem so hohen Ursprung entstammt, durch das Dazwischen- 
treten der materiellen Gewalt unter dem blinden Antrieb verführter Batail= 
lone übertragen, geändert oder unterdrückt werden könne! Wenn die Be- 
völkerungen der Städte und des Landes, indem sie dem ersten Druck der 
Gewalt weichen, sich auch für einen Augenblick dem Joch der Aufständischen 
unterwerfen, so wird das in seinen edelsten und innigsten Regungen betroffene 
öffentliche Gefühl doch wieder erwachen, um der Welt zu zeigen, daß — dem 
Himmel sei Dank — die Verdunkelungen der Vernunft und der Ehre in 
Spanien nur ganz vorübergehende sind. Bis dieser Augenblick naht, habe 
ich als rechtmäßige Königin von Spanien, nach ernster Erwägung und Be- 
rathung, für angemessen gehalten, in den Staaten eines erhabenen Verbün- 
deten die nothwendige Sicherheit zu suchen, um unter diesen schwierigen 
Verhältnissen zu handeln, wie es meiner Eigenschaft als Königin und den 
mir obliegenden Verpflichtungen entspricht: meine durch das Gesetz geschützten, 
durch die Nation anerkannten und beschwornen und endlich durch fünfund- 
dreißigjährige Opfer, Wechselsälle und innige Zuneigung besestigten Rechte 
ungeschmälert auf meinen Sohn zu übertragen. Indem ich den Fuß auf 
die fremde Erde setze, das Herz und die Augen ohne Unterlaß nach jener 
gewandt, die mein Vaterland und das Vaterland meiner Kinder ist., beeile 
ich mich, meine unumwundene und feierliche Verwahrung aufzusetzen, indem 
ich vor Gott und den Menschen erkläre, daß die stärkere Gewalt, der ich 
durch Verlassen meines Königreichs weiche, der Integrität meiner Rechte 
nicht präjudiciren, noch sie abschwächen oder in irgend etwas gefährden kann; 
ebenso wenig werden sie in irgendeiner Weise die Handlungen der revolutio- 
nären Regierung berühren können, und noch weniger die Beschlüsse ihrer 
Versammlungen, die nothwendig nur untertdem DOruck der demagogischen Ra- 
serei und unter den Bedingungen offenbarer Vergewaltigung der Gewissen 
und Willen zu Stande kommen werden. Unsere Vorfahren haben für den 
religltösen Glauben und für die Undbhängigkeit Spaniens einen langen 
und glücklichen Kampf bestanden. Die gegenwärtige Generation hat ohne 
Unterlaß daran gearbeitet, das, was es in den vergangenen Jahrhunderten 
Großes und Heroisches gab, mit dem zu verknüpfen, was die modernen Zeiten 
an gesunden und fruchtbaren Keimen in sich schließen. Die Revolution, die 
tödtliche Feindin der Ueberlieferungen und des berechtigten Fortschrittes, be- 
kämpft alle Principien, welche die lebendige Kraft, die Selle und die Mann- 
haftigkeit der spanischen Nation ausmachen. Die Freiheit, welche in ihrer
	        
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