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Englaud.
bearbeiten und dieses Gefühl, das durch den grausamen Mißbrauch, welches
die eingewanderte Aristokratie (Fremde und von fremder Religion, die zu
einem großen Theil nicht einmal in Irland leben) von ihren angemaßten
Nechten machte, lebendig erhalten und verbittert wurde, sei die Grundursache
der „irischen Schwierigkeit“". Nur bie sofortige Besitzlichmachung der Land-
pächter könne Irland relten und England aus seiner beschämenden Lage be-
freien. „Wenn wir fortfahren, Irland durch Gewalt niederzuhalten, so wer-
den wir nicht nur alle unsere Chancen für Mißverständnisse mit anderen
Mächten erschweren, sondern uns auch in einem Zustande offener Revolution
befinden gegen das Gewissen Europa's und gegen unser eigenes Gewissen.
Und gleichwohl werden wir am Ende durch die allgemeine Verachtung oder
dunch t siegreiche Gewalt gezwungen werden, Irland aus seinen Banden zu
entlassen.“ -
25. Febr. Lord Derby gibt aus Gesundheitsrücksichten seine Entlassung
26.
28.
ein und dieselbe wird von der Königin angenommen. Lord Stanley
zeigt dem Unterhause an, Disraeli sei von ihr mit der Bildung des
Cabinets betraut worden.
„ (Abyssinischer Krieg). Befriedigende Zusammenkunft Na-
piers mit Kasa, dem Fürsten von Tigre.
„ Die Königin genehmigt Disraeli's Ministerliste und seine neue
Stellung als Premier des Cabinets.
Die ganze Presse stellt Betrachtungen über die tiese Wandlung in den
Anschauungen und Zuständen Englands an, die aus der bloßen Thatsache
erhellt, daß die gesammte Partei der Tories, der der reichste und stolzeste
Adel Europa's angehört, sich, wenn auch zum Theil ungern und wider Willen,
doch ohne Anstand der Leitung eines vollkommenen Parvenü; des Sohnes
eines von Venedig eingewanderten jüdischen Kaufmanns von rursprünglich
spanischer Abkunst anvertrauen muß und anverträut und anerkennt, daß
darin für England ein Ereigniß von größerer Tragweite liege, als bloß darin,
daß Disraeli endlich das Ziel seines Ehrgeizes erreicht habe.
5. März. Unterhaus: Disraeli widmet dem zurückgetretenen Lord Derby
mit bewegter Stimme eine warme Lobrede, die oft voin stürmischen
Beifall seiner Partei unterbrochen wird, und entwickelt kurz das
Programm seiner Politik:
..Imm Bereiche der heimischen Angelegenheiten werde die Regierung
eine liberale Politik verfolgen. „Ich verstehe darunter — so bemerkt er, als
er bei den eben gebrauchten Worten durch ironisches Gelächter der Opposition
unkerbrochen wird, auf den ein lauter Beifallsruf der Ministeriellen solgt —
eine wirklich liberale Politik, eine Politik, die vor keinen Veränderungen zu-
rückscheut, welche der Geist der Zeit erheischt, wobei wir jedoch nie vergessen
werden, daß uns das glückliche Loos beschieden ist, in einem alten und histo-
rischen Lande zu leben, reich an überlieferten Einflüssen, welche die besten
Bürgschaften für Ordnung und Freiheit und für unseren nationalen Cha-
rakter und unsere nationale Kraft von hohem Werthe sind.“ Mit tiefem Be-
dauern sehe sich die Regierung gezwungen, die Ausnahmszustände in Irland
aufrecht zu erhalten, welche, wie Lord Derby früher bemerkt, nicht gegen das
irische Volk, sondern gegen die Intriguen einer vom Ausland her wirkenden
principienlosen Verschwörung gerichtet sei, und mit der allmählich schwinden-
den Aufregung in Irland ehestens überflüssig werden dürsten. Durch zweck-
mäßige wohlerwogene Maßregeln werde es sicherlich gelingen, das Wohl und
Glück Irlands zu fördern, und wenn im Laufe der nächsten Woche (am 10.)