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Frankreich.
tionellen Rechte des Souveräns festhaltend, Handelsverträge abzuschließen,
wiederhole ich, daß es in der Tendenz der Regierung liegt, sich hiefür der
Untersuchungscommission, der Publicistik und der Kammern zu bedienen.
Jules Favre: Keine Tendenz, sondern eine Pflicht. Garnier-Pages:
Das Wort Tendenz bedeutet nichts. Rouher: Achten Sie wenigstens die
Constitution des Landes. Thiers: Jeder Zoll ist eine Abgabe, und ich ver-
biete jeder Gewalt, dem Lande Abgaben aufzuerlegen ohne die Kammer.
Rouher: Artikel 3 der Verfassung gibt dem Souverän das ausschließliche
Recht, Handelsverträge abzuschließen. Der Präsident läßt über die einfache
Tagesordnung abstimmen, welche mit großer Mehrheit angenommen wird.
28. Mai. Gesetzgeb. Körper: Bericht der Commission über das von der
29.
Regierung verlangte Anlehen von 440 Mill. Die Anträge der Com-
mission sind ein Compromiß mit der Regierung. Doch beharrt die
erstere gegen die Regierung darauf, das Anlehen auf 411 Mill.
herabzusetzen und protestirt in ihrem Bericht aufs eifrigste, daß das
Anlehen nicht den Krieg bedeute.
Von den Amendements der Commission wurden seitens der Regierung
genehmigt: eine Herabsetzung der außerordentlichen Ausgaben für Krieg und
Marine von 187 auf 169 Mill. und des Deficits des Verwaltungsjahres
1867 von 188 auf 183 Mill.; ferner eine Vermehrung der Ausgaben für
öffentliche Arbeiten von beantragten 82 auf 87 Mill. Von dem Staatsrath
sowohl als von der Regierung wurden dagegen zurückgewiesen solgende Amen-
dements, welche nun der Ausschuß der Kammer zur Annahme empfehlen
wird: Herabsetzung der ganzen Anlehenszisser von 440 auf 411 Mill., der
Ausgaben für den Unterhalt der festen Plätze von 36 auf 24 Mill., Ver-
minderung der Marinckosten um 3 Mill. Ueber die Kriegs= oder Friedens-
frage sagt der Bericht: „. Weder in Frankreich noch auswärts kann diese
Ausgabe (für die neue Bewaffnung) so ausgelegt werden, als habe sie eine
aggressive Bedeutung. Sie hat nur den Zweck, das Land auf die Höhe der
Sachlage zu bringen und den Frieden dadurch zu sichern, daß man gleich-
zeitig die Würde der Nation und die Sicherheit des Bodens gewährleistet.
Der dritte Theil des Anlehens enthält die für die öffentlichen Arbeiten für
1868 und 1869 vorgesehenen Summen, und gestattet die Vollendung jener
nützlichen Verkehrsadern, welche so mächtig zu dem Umsatz der Erzeugnisse
der Gewerbe, des Handels und des Ackerbaues beitragen. Es wird dieß von
Seite der Regierung und der Kammern eine Kundgebung des Vertrauens in
die Aufrechterhaltung der Ruhe sein. Unzweifelhaft würde es, wenn das An-
lehen irgendeine Kriegsbesorgniß zur Ursache gehabt hätte, nicht klug gewesen
sein, gleichzeitig militärische Ausgaben zu machen und Arbeiten in Angriff zu
nehmen, die nur den Zeiten der Ruhe aufbehalten sind. Allein da, was wir
nicht oft genug wiederholen können, die für das Kriegs= und Marineministe-
rium erforderlichen Ausgaben keinen anderen Zweck haben, als das militä-
rische Werkzeug Frankreichs auf die Höhe des Fortschrittes zu bringen, so
wäre es in den Augen Ihrer Commission ein Fehler, ein schwerer Fehler
gewesen, den Ausschwung der öffentlichen Arbeiten zu hemmen. Damit das
Vertrauen wieder erstehe, muß das Land an eine dauernde Ruhe glauben
können. Ihre Commission schätzt sich glücklich, es hier laut auszusprechen,
daß alle, während ihrer zweimonatlichen Arbeit, bei der Regierung eingezo-
genen Erkundigungen ihr zu behaupten gestatten, daß, wie ganz Frankreich,
die Regierung den Frieden will, und daß sie ihn auch unter den für die
Würde und die Ehre eines großen Landes nothwendigen Bedingungen zu er-
halten wissen wird. “
„ Der Senat nimmt auch das Versammlungsgesetz mit 86 gegen
24 Stimmen an.